Die Ölmultis haben noch nie einen guten Ruf gehabt. Schon vor mehr als 100 Jahren zerschlug der damalige US-Präsident Theodore Roosevelt Standard Oil, das Ölimperium von John Rockefeller, weil dieser damit unanständige Monopolgewinne eingefahren hatte.
Aus Standard Oil entsprangen Exxon, Chevron & Co. Zusammen mit Shell und BP bildeten sie die «sieben Schwestern», welche in den Siebzigerjahren zum Inbegriff der hässlichen Fratze des Kapitalismus wurden. Um ihren Shareholder-Value zu optimieren, nahmen die Ölmultis Unfälle ihrer Tanker in Kauf, welche gewaltige Umweltschäden und den Tod von Vögeln und Fischen verursachten.
Besonders Exxon tat sich als mächtiger Lobbyist gegen Umweltschützer hervor und liess «wissenschaftliche Studien» erarbeiten, welche die Klimaerwärmung leugneten. Das sollte sich zunächst rächen. Weil inzwischen nur noch ein paar Ewiggestrige den Klimawandel infrage stellen, geriet Exxon in Verruf. Die Aktien des einst wertvollsten Konzerns der Welt flogen gar aus dem Börsenindex Dow Jones, weil er den Kriterien nicht mehr genügte. Dann kamen Wladimir Putin und sein Krieg gegen die Ukraine und die weltweite Energiekrise.
Inzwischen haben die Exxon-Aktien wieder mehr als 50 Prozent zugelegt. Kein Wunder, der Gewinn des Ölmultis ist im vergangenen Jahr auf sagenhafte 55,7 Milliarden Dollar geklettert. Insgesamt haben die führenden Ölkonzerne mehr als 200 Milliarden Dollar verdient.
Die «Financial Times» hat kürzlich die Gewinne der einzelnen Unternehmen aufgelistet. So beträgt der Gewinn bei Shell 40 Milliarden Dollar, bei Chevron sind es 35,5 Milliarden Dollar.
Dabei haben die Ölmultis noch vor kurzem versprochen, vermehrt in nachhaltige Energien zu investieren und ihre Öl- und Gasförderung zurückzuschrauben. Viel mehr als warme Luft war dies nicht. Adrienne Buller, Energiespezialistin beim britischen Thinktank Common Wealth, erklärt denn auch gegenüber der «Financial Times»: «Es gibt nur einen Weg, um die Welt von fossilen Brennstoffen zu entwöhnen, und der besteht darin, nicht darauf zu hoffen, dass die Ölmultis uns den Weg zeigen werden. Diese Konzerne sind darauf programmiert, den Gewinn für ihre Aktionäre zu maximieren, und sie tun genau das.»
Tatsächlich ist bei den Chefs der Ölmultis kein wirkliches Umdenken auszumachen. So erklärt etwa Mike Wirth, der CEO von Chevron, kurz und bündig: «Machen wir uns nichts vor, Öl hält heute die Welt am Laufen. Und es wird die Welt auch morgen am Laufen halten und in 5, in 10 und in 20 Jahren.»
Diese Ansicht wird an der Wall Street geteilt. Jamie Dimon, CEO von JPMorgan und der derzeit wohl einflussreichste Banker der Welt, bezeichnete eine Abkehr von den fossilen Brennstoffen angesichts der aktuellen Energieknappheit gar als «Weg in die Hölle».
BP unternahm noch am meisten Anstrengungen in Richtung nachhaltige Energie, nicht zuletzt deshalb, weil dieser Ölkonzern verantwortlich für einen fatalen Unfall eines Ölbohrturms war, der 2010 den Golf von Mexiko verwüstete. BP stehe nun für «Beyond Petroleum» (Jenseits von Petroleum), lautete der neue Slogan des Konzerns und CEO Bernard Looney versprach hoch und heilig, sein Konzern werde sich in Richtung der ESG-Kriterien entwickeln, will heissen, künftig mehr Rücksicht auf Umwelt und Mitarbeiter nehmen.
Looney versprach gar, man werde die Förderung von Öl und Gas bis 2030 um 40 Prozent reduzieren. Der neue Kurs hat sich jedoch nicht bezahlt gemacht. BPs Gewinn beträgt «bloss» 27,7 Milliarden Dollar und die Aktie hat sich im Vergleich zur Konkurrenz mickrig entwickelt. Deshalb rudert BP nun wieder zurück. Die Reduktion der fossilen Brennstoffe soll jetzt nur noch 25 Prozent betragen. Gleichzeitig werden die Investitionen für Öl- und Gasbohrungen um 8 Milliarden Dollar aufgestockt.
Heisst dies, dass sich Ölkonzerne wie BP wieder von den nachhaltigen Energien abwenden? Nicht ganz. Nick Stansbury von der Beratungsfirma Legal & General Investment Management erklärt gegenüber der «Financial Times»: «Wir wollen, dass sich die Unternehmen so entwickeln, dass sie sich in einer Null-Emissionen-Welt durchsetzen können. Doch die Investoren glauben noch nicht daran, dass sie in einer unsicheren Energiewelt dazu in der Lage sind.»
Am Ziel einer Null-Emissionen-Welt bis 2050 wird jedoch nach wie vor festgehalten. Angesichts der katastrophalen Folgen einer ungebremsten Klimaerwärmung haben wir gar keine andere Option. Wer jedoch annimmt, dieses Ziel werde friedlich und graduell erreicht, befindet sich auf dem Holzweg.
Jason Bordoff und Meghan O’Sullivan, zwei anerkannte Energiespezialisten, haben schon vor Jahresfrist in «Foreign Affairs» gewarnt: «Es trifft zu, dass saubere Energie die Geopolitik verändern wird – nur nicht so, wie viele das erwarten. (…) Es wird nicht die Zusammenarbeit und die Brüderlichkeit stärken, sondern neue Konfrontationen erzeugen, lange bevor es zu einer neuen Form von friedlicher Kooperation kommen wird.»
Und ja, billig wird der Übergang auch nicht werden. Bordoff und O’Sullivan schätzen, dass er in den nächsten drei Jahrzehnten rund 100 Billionen Dollar verschlingen wird.
Das waren lustige Zeiten für die Ölmultis - und eine Lektion für die Ampel-Koalition.
Diese Überschrift suggeriert, dass sie soviel „verdient“ hätten. Weiter unten schreibt ihr richtigerweise von Rekordgewinnen.
Diese wurden aus meiner Sicht nicht „verdient“, sondern auf gut Deutsch ergaunert.