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Darum hat die Schweiz bei der «Batterie-Revolution» gute Karten

Am 15. Februar 2023 wird in Neuenburg am CSEM (Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique) ein Battery Innovation Hub eingeweiht.
Am Mittwoch wird in Neuenburg am «Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique» (CSEM) ein Battery Innovation Hub eingeweiht.Screenshot: csem.ch

Darum hat die Schweiz bei der «Batterie-Revolution» gute Karten

Festkörperbatterien sollen eine doppelt so hohe Energiedichte bieten wie heutige Lithium-Ionen-Batterien, sicherer sein und länger leben.
15.02.2023, 09:08
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Die Schweiz hat gemäss Andreas Hutter vom Neuenburger Innovationszentrum CSEM eine Spitzenposition als Zulieferin von Batterien für die Automobilindustrie. Er rechnet der Branche in den nächsten Jahren grosse Chancen aus, wie er in einem aktuellen Interview sagte.

Andreas Hutter leitet die Forschungsgruppe Energiesysteme am Schweizer Technologie-Innovationszentrum CSEM in Neuenburg.
Andreas Hutter leitet die Forschungsgruppe Energiesysteme am Schweizer Technologie-Innovationszentrum CSEM in Neuenburg.Bild: PD

In der Batterieherstellung herrsche zurzeit eine Goldgräberstimmung, wird Hutter vom «Tages-Anzeiger» zitiert. Schweizer Zulieferfirmen wie auch Start-ups biete sich in den nächsten fünf oder sechs Jahren die Gelegenheit, ihre Fähigkeiten bei der Produktion von Batterien einzusetzen.

Denn Europa müsste künftig ungefähr dreimal so viele Autobatterien produzieren, wie aktuell auf der gesamten Welt hergestellt werden, um alle 2035 in Europa verkauften Elektroautos auszustatten, führte der Teamleiter am Zentrum für Elektronik und Mikrotechnik (CSEM) weiter aus.

Die Investition von rund 100 Milliarden Franken in den Bau von Fabriken in Europa lohnt sich Hutter zufolge. Die Produktion in andere Weltregionen auszulagern sei sowohl politisch wie auch finanziell riskant. Die Batterie mache 25 bis 40 Prozent der Wertschöpfung eines Autos aus.

«Wenn man die Batterien nicht selber baut, geht dieser Teil der Wertschöpfung verloren.»

Wie sieht die Batterie-Revolution aus?

Die Batterie der Zukunft soll eine doppelt so hohe Energiedichte haben, sicherer sein und länger leben. Daran forscht das CSEM nicht gewinnorientiert.

Laut Hutter setzten viele Fachleute auf eine radikale Änderung, die sogenannte Festkörperbatterie. Er erklärt:

«Heutige Lithium-Ionen-Akkus haben einen flüssigen Elektrolyten zwischen den beiden Polen, also zwischen Kathode und Anode. Das ist meistens eine salzhaltige Flüssigkeit, die Ionen gut leitet. Bei der Festkörperbatterie ist der flüssige durch einen festen Elektrolyten ersetzt. Meist kommen Polymere zum Einsatz, aber auch Keramiken.»

Das bietet mehrere Vorteile:

  • Sie ist sicherer: Der flüssige Elektrolyt sei brennbar, bei Festkörperbatterien würden hingegen nicht brennbare Materialien eingesetzt.
  • Sie ist leistungsfähiger: Eine höhere Energiedichte erreiche man, weil an der Anodenseite der Festkörperbatterie kein Grafit mehr verwendet wird, sondern Lithium-Metall, das dünner verbaut werden könne.
  • Sie ist einfacher herzustellen und kann besser rezykliert werden, ist also deutlich umweltfreundlicher.

Und der Haken? Die bislang einzige kommerzielle Lösung mit Festkörperbatterie basiert gemäss Hutter auf einem Polymerelektrolyten der französische Firma Blue Solutions.

Festkörperbatterien würden wohl frühestens in fünf Jahren eine massgebliche Rolle im industriellen Portfolio von Lithium-Ionen-Batterie-Lösungen spielen. Wahrscheinlich dauere es aber eher noch zehn Jahre, bis diese Technologie zum Massenprodukt wird, prognostiziert Hutter.

«Die Herausforderung besteht darin, die Batterietechnologie der Zukunft zusammen mit der Industrie zur Serienreife zu bringen.»

Laut Angaben von Hutter fungiert das CSEM als Schnittstelle zwischen der Grundlagenforschung und der Industrie. Am sogenannten Battery Innovation Hub gehe es darum, neue Batterietypen herzustellen, auch in einem grossen Massstab, wie er für die Industrie relevant sei.

Batterielösungen für die Zukunft
Am 15. Februar wird in Neuenburg der Battery Innovation Hub des Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique, kurz CSEM, eingeweiht. Die Non-Profit-Organisation hat eine beeindruckende Erfolgsbilanz vorzuweisen: 1984 vom Bundesrat als privates Forschungs- und Entwicklungszentrum gegründet, beschreibt sie sich heute als international anerkannte Innovationstreiberin, mit über 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an sechs Standorten in der Schweiz und mehr als 200 eingetragenen Patenten.

Der Battery Innovation Hub liegt am Hauptsitz in Neuenburg, auf einer Fläche von 400 Quadratmetern. Dort entwickeln mehrere interdisziplinäre Teams in Zusammenarbeit mit Industrievertretern Batterielösungen für die Zukunft. Ziel sei es, diese Lösungen schnell in die Privatwirtschaft zu übertragen und die Position der Schweiz «als Innovatorin in diesem zukunftsträchtigen Sektor» zu stärken. Die Energiezukunft sei elektrisch, ob im Verkehr, in Fabriken oder Haushalten, wird auf der CSEM-Website betont.

Rund ein Viertel der CSEM-Aktien sei in öffentlicher Hand, im Bereich der ETHs (Eidgenössisch-Technische Hochschulen und verwandte Forschungseinrichtungen), oder des Kantons bzw. der Stadt Neuenburg. «Die restlichen drei Viertel werden von führenden Unternehmen der Schweizer Industrie und Wirtschaft gehalten.»

Quellen

(dsc/sda)

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26 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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El_Chorche
15.02.2023 09:44registriert März 2021
Wer mag sich erinnern, als die Schweiz bei Solarzellen und Halbleiter führend war?

Genau – wurde alles ins Ausland verramscht, weil ein paar Manager das grosse Geld gewittert haben.

Wird hier genauso passieren.
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BG1984
15.02.2023 11:40registriert August 2021
Glaube nicht, dass die Schweiz eine Chance hat, dass das ein grosser Industriezweig wird.
Dank Einsprachen und zu komplizierten Bewilligungsverfahren können hierzulande keine Batteriefabriken gebaut werden.
Hoffe sie verramschen die Patente nicht.
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