Eine neue Volksinitiative will den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen, ohne dabei die Nachhaltigkeit zu vernachlässigen. Das Parlament arbeitet bereits an einer entsprechenden Gesetzesvorlage. Das Initiativkomitee will zusätzlich Änderungen in der Verfassung.
Die Volksinitiative mit dem Titel «Jede einheimische und erneuerbare Kilowattstunde zählt!» will in Zeiten von Energiekrise und drohender Strommangellage in den kommenden Wintern neue Impulse setzen. «Die Schweiz muss jetzt Verantwortung übernehmen», sagte der Walliser Mitte-Nationalrat Benjamin Roduit am Freitag vor den Medien in Bern.
Laut dem Präsidenten des Initiativkomitees ist die einheimische Winterproduktion rasch zu erhöhen und die Versorgungssicherheit zu stärken. Es brauche «schnelle Fortschritte und klare Ziele».
Konkret will das Volksbegehren in der Verfassung verankern, dass die Erschliessung und Nutzung der Potenziale einheimischer erneuerbarer Energien zur Verbesserung der Energieeffizienz von nationalem Interesse sind. Bund, Kantone und Gemeinden müssten sich zudem dafür einsetzen, «die Erschliessung und Nutzung der Potenziale im Sinne einer hohen Versorgungssicherheit vollumfänglich, rasch und breit gefächert voranzutreiben und zu fördern».
Die Initianten zielen dabei auf die Winterproduktion – und damit insbesondere auf die Wasserkraft. Sobald ein vom Bund festzulegender verbindlicher Stromimport-Grenzwert überschritten würde, ginge das nationale Interesse für den Bau, die Erweiterung, die Erneuerung oder die Konzessionierung von Anlagen sowie weiterer notwendiger Infrastruktur anderen nationalen Interessen vor.
Das sei keine Carte blanche, um alle einheimischen Energieprojekte umzusetzen, stellte Unternehmerin Viviane Kessler klar. Es brauche aber «straffere Bewilligungsverfahren und beschränkte Einsprachemöglichkeiten». Entsprechende Bestimmungen auf Gesetzesstufe reichten nicht. «Die Verfassung wird oft höher gewichtet.»
Im Komitee sitzen neben Roduit verschiedene Unternehmer und Energieberater sowie die Vereinigung Swiss Small Hydro, eine Interessenvertretung der Schweizer Kleinwasserkraft. Deren Geschäftsleiter Martin Bölli stört sich insbesondere daran, dass es bei Wasserkraftwerken eine Mindestgrösse braucht, damit sie gefördert werden.
Laut Bölli ist die Angst vor dem Zubetonieren der Gewässer unbegründet. In den vergangenen Jahrzehnten sei die Zahl kleiner Kraftwerke massiv zurückgegangen.
Wasserkraft sei und bleibe aber das Rückgrat der Schweizer Energiewirtschaft, sagte Kessler. Für sie ist klar: Der Schweizer Energiebedarf kann langfristig weitgehend mit einheimischen erneuerbaren Energien gedeckt werden.
Mit dem sogenannten Energie-Mantelerlass arbeitet das Parlament zurzeit daran, die Versorgungssicherheit der Schweiz mittel- und langfristig auf Gesetzesstufe zu verbessern. Die grosse Kammer soll die Vorlage an der Frühjahrssession als Zweitrat beraten.
Die Urheber der Volksinitiative sehen ihr Projekt auch als «Plan B», falls das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien im Parlament oder an der Urne Schiffbruch erleiden würde. Das Komitee ist aber auch grundsätzlich der Ansicht, dass die Energiewende Eingang in die Verfassung finden muss.
Jede Unterschrift helfe, dieses Ziel zu erreichen, sagte Roduit. «Wir wollen eine allgemeine Mobilisierung für die erneuerbaren Energien.» Das Komitee hat nun 18 Monate Zeit, um 100'000 Unterschriften für die Initiative zu sammeln.
In der Sammelphase befindet sich eine thematisch verwandte Volksinitiative. Das Anliegen mit dem Titel «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)» wurde im Spätsommer 2022 lanciert und will in der Verfassung festschreiben, dass die Stromversorgung jederzeit sichergestellt sein muss – unter anderem mit der Aufhebung des AKW-Bauverbots. In jenem Komitee sitzen unter anderem der St. Galler FDP-Nationalrat Marcel Dobler und der Zuger Mitte-Ständerat Peter Hegglin.
(yam/sda)
In wie fern sichert die Aufhebung des AKW Bauverbots die Energieversorgung? Es würde 20-25 Jahre dauern ein neues AKW zu planen und bauen (ohne Einsprachen). Wie wir wissen, würde niemand aus der WIrtschaft ein neues AKW bezahlen wollen.
Also, wie stellen sich die Bürgerlichen das vor?
Im Kanton Zürich gibt es z.B. seit diesem Jahr ein sehr stark vereinfachtes Verfahren für Photovoltaik und Wärmepumpen, und diverse Änderungen im Baumeldeverfahren und im Brandschutz.