Donald Trump hat uns zuerst amüsiert, dann irritiert und jetzt macht er uns nur noch Angst. Wie ist es möglich, dass so viel Vulgarität und Brutalität, angereichert mit Dummheit und Lügen so viel Wirkung entfalten können? Warum ist die älteste Demokratie der Welt im Begriff, sich selbst zu demontieren?
Eine überraschende, aber leider auch plausible Antwort auf diese Frage hat ein Risikokapital-Geber aus dem Silicon Valley dem «New York Times»-Kolumnisten Roger Cohen gegeben. Sie lautet: «Wir designen eine Welt, die nicht mehr zu den Menschen passt.»
Der Ökonom Joseph Schumpeter hat einst den Begriff «schöpferische Zerstörung» geprägt. Er verstand darunter das Phänomen, dass Neues nur dann entsteht, wenn Bewährtes untergeht. Für Schumpeter sind deshalb Unternehmer und Manager die Treiber des Fortschrittes, weil sie – angestachelt vom Wunsch nach Rendite – permanent alte Strukturen zerschlagen.
Im Silicon Valley hat der Begriff «schöpferische Zerstörung» inzwischen eine Dimension erhalten, die das bisher Gültige weit in den Schatten stellt. «We break stuff» (Wir machen Dinge kaputt), lautet etwa das Motto bei Facebook. Das ist positiv gemeint, genauso wie der Begriff «Disruption», der Schumpeters «schöpferische Zerstörung» ersetzt hat.
Selbst gelenkte Autos, Drohnen und sprechende Smartphones sind fast über Nacht entstanden und bedrohen nun Bewährtes. Jobs werden nicht mehr in Schwellenländer ausgelagert, sondern von Maschinen erledigt. Die Ökonomen rechnen uns vor, wie viele Arbeitsplätze wann verloren gehen. Derweil schwärmen die Wissenschaftler von einer künstlichen Superintelligenz, welche die menschliche bald um ein Vielfaches übertreffen wird.
All dies ist rasend schnell geschehen – das iPhone ist noch nicht einmal zehn Jahre alt – und wird von einem gewaltigen Medienrummel begleitet. Jedes Lokalradio macht inzwischen Spezialsendungen zur Digitalisierung. Wer kann da von sich noch behaupten, er hätte noch den Überblick? Schon Dreissigjährige haben Angst, von Zwanzigjährigen verdrängt zu werden.
Der technische Fortschritt hat unser Leben gewaltig verbessert. Wie der US-Wirtschaftshistoriker Robert Gordon in seinem Buch «The Rise and Fall of American Growth» bestechend nachgewiesen hat, haben heute fast alle Menschen in den entwickelten Ländern dank Erfindung wie Strom, Verbrennungsanlagen und sanitären Anlagen ein humanes Leben. Zuvor war dies das Privileg eine schmalen Elite gewesen.
Jetzt droht die Gefahr, dass der technische Fortschritt die Menschen wieder zu Sklaven macht. Der bekannte Ökonom Taylor Cowen beispielsweise spricht bereits von einer künftigen Welt, in der die grosse Mehrheit der Menschen wieder ein Leben führen wie im alten Rom. Sie haben keine regelmässige Arbeit, ernähren sich von Junk Food und unterhalten sich mit stumpfsinnigen Video-Games.
Zusammen mit Oliver Fiechter habe ich kürzlich ein Buch mit den Titel «Der Aufstieg der digitalen Stammesgesellschaft» veröffentlicht. Darin vertreten wir die These, wonach wir den technischen Fortschritt brauchen, um Probleme wie Klimaerwärmung und wachsende Ungleichheit in den Griff zu bekommen. Das kann jedoch nur dann gelingen, wenn sich die Digitalisierung mit einer neuen Wirtschaftsform verbindet, die nicht mehr von der Jagd nach Rendite, sondern vom Tausch geprägt ist.
Was wir jedoch derzeit erleben ist, dass sich der technische Fortschritt mit einer Wirtschaftsordnung paart, die zwar den Mangel beseitigt hat, aber den Überfluss nicht managen kann. Unter den bestehenden Verhältnissen des Renditezwangs wird Schumpeters «schöpferische Zerstörung» zu einer gedopten Disruption, in der Dinge sinnlos zerstört werden.
Das hat politische Konsequenzen. Eine solche Wirtschaftsordnung lässt sich langfristig nicht mehr mit einer Demokratie verbinden. Es entsteht eine Welt, die tatsächlich nicht mehr für Menschen gemacht ist. So gesehen sind die Vulgarität und Dummheit eines Donald Trump erst harmlose Vorboten.