Es sind erst vier Jahre vergangen, seit das Parlament die Transparenzvorschriften für Inhaberaktien verschärft hat. Doch bereits genügt das internationalen Standards nicht mehr. Der Bundesrat hat darum auf Antrag von Finanzminister Ueli Maurer einen neuen Vorschlag präsentiert.
Bei Inhaberaktien dient das Wertpapier als Eigentumsbeleg. Sie erlauben es Aktionären, anonym zu bleiben und Steuern zu hinterziehen. Anders ist es bei den geläufigen Namenaktien, deren Rechte nur mit Eintrag ins Aktionärsbuch gewährt werden.
Kritik an den Inhaberaktien üben internationale Gremien, etwa das Global Forum zu Transparenz und Informationsaustausch zu Steuerzwecken, ein Teil der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit OECD, hinter dem auch die G20 stehen.
Schon 2005 stellte der Bundesrat die Abschaffung zur Diskussion, vergeblich. 2014 hat die Schweiz unter Druck eine Registrierungspflicht eingeführt – wobei die bürgerlichen Parlamentarier ablehnten oder nur unter Murren zustimmten.
Seither müssen Inhaberaktien nach Erwerb innert Monatsfrist bei der Gesellschaft gemeldet werden. Das Global Forum kritisiert das als zu wenig wirksam. Zu diesem Schluss kam es bei der Länderprüfung 2016, welche die Schweiz noch mit einer genügenden Note abschloss.
Bereits in diesem Jahr beginnt indes die nächste Prüfung. Dafür muss die Schweiz bis Herbst 2019 nachbessern. Sonst riskiert sie laut Bundesrat eine ungenügende Note – und in eine Gruppe mit Ghana, Curaçao und Kasachstan zu geraten: «Dies hätte nicht nur einen beträchtlichen Reputationsschaden zur Folge: Die Schweiz liefe auch Gefahr, von anderen Staaten auf eine Liste nicht kooperierender Staaten gesetzt zu werden.»
Ganz abschaffen will die Landesregierung die Inhaberaktien nicht: Das lehnten bürgerliche Parteien und Wirtschaft in der Vernehmlassung strikt ab. Inhaberaktien sind in der Schweiz beliebt, aber rückläufig: 2014 bestand mehr als jede vierte neue Gesellschaft auch aus Inhaberaktien. 2018 entschied sich nur noch jede zehnte Gesellschaft dafür. International sind sie in den meisten Ländern abgeschafft.
Ihre Bedeutung würde mit den Vorschlägen des Bundesrats weiter sinken, denn neu sollen sie nur noch in zwei Fällen zugelassen sein. Einmal bei börsenkotierten Unternehmen, weil dann die Transparenzvorschriften der Börse greifen. Im andern Fall würden Inhaberaktien als Bucheffekten deponiert und in einem Konto eingetragen, wodurch Behörden die wirtschaftlich berechtigte Person ermitteln können.
Die Option ist indes teuer und macht die Inhaberaktien komplizierter. In früheren Botschaften hatte sie der Bundesrat als «faktische Abschaffung» abgelehnt. Dass er sie nun selbst vorschlägt, ist ein Kompromissangebot an die Bürgerlichen. Diese stossen sich aber auch an der Forderung des Global Forum, wonach bei vorsätzlichen Meldeverstössen neu Bussen bis 10'000 Franken verhängt werden können. Die Vorlage wird darum im Parlament viel zu reden geben.
Der Gewerbeverband will weiter für die Inhaberaktie kämpfen. Er schimpft, die Unternehmen hätten die letzte Rechtsrevision von 2014 teuer umgesetzt – umsonst. Ins selbe Horn blies gestern SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi.
Economiesuisse äussert sich vorsichtig: «Der Bundesrat hat einige Kritikpunkte aus der Vernehmlassung berücksichtigt, andere nicht. Jetzt müssen wir das Paket sorgfältig analysieren», sagt Erich Herzog vom Wirtschaftsdachverband. «Im Parlament gibt es sicher noch Korrekturbedarf», so Herzog. Aber auch für Economiesuisse gilt: Der Finanzplatz sei auf die Note «konform» angewiesen. (aargauerzeitung.ch)