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Das Geheimnis des schwangeren Urpferdchens

Das Geheimnis des schwangeren Urpferdchens

08.10.2015, 08:5608.10.2015, 09:03

Die trächtige Stute stand kurz vor der Geburt ihres Fohlens, als sie vor 48 Millionen Jahren zu Tode kam. Ihr versteinerter Körper zeigt, wie modern das damalige Fortpflanzungssystem der Pferde schon war. Was sich damals im heutigen Südhessen genau abspielte, ist nicht bekannt. Aber das versteinerte Ungeborene, das in der Fossilienfundstätte Grube Messel bei Darmstadt im Körper der Stute gefunden wurde, bringt neue Erkenntnisse über die Entwicklungsgeschichte der Säugetiere.

Fossil einer trächtigen Urzeit-Stute mit Fötus im Bauch: Fund in Messel.
Fossil einer trächtigen Urzeit-Stute mit Fötus im Bauch: Fund in Messel.
Bild: Senckenberg-Forschungsinstitut

Der älteste Fund dieser Art zeige, dass sich der Fortpflanzungsapparat bei den Vorfahren der heutigen Pferde früher entwickelte als bisher vermutet, teilte das Frankfurter Senckenberg-Institut mit. Und das System war schon damals «moderner als man es vermuten konnte», sagte Senckenberg-Forscher Jens Lorenz Franzen, der auch am Naturhistorischen Museum Basel tätig ist, der Nachrichtenagentur DPA. «Es hat genauso funktioniert wie heute.»

Pferde mit 14 Zehen

Ganz im Gegensatz zum Fortbewegungsapparat, der sich seit den Lebzeiten der in Messel gefundenen Tiere enorm entwickelt habe. Damals hätten die Urpferdchen – sie waren nur etwa so gross wie Foxterrier – noch 14 Zehen gehabt, je vier an den hinteren und drei an den vorderen Füssen. Zusammen mit einer Wiener Kollegin hatten Senckenberg-Experten den Fötus untersucht. Ihre Studie ist im Fachjournal «Plos One» vom Mittwoch veröffentlicht.

In der versteinerten Gebärmutter mit Mutterkuchen (Uteroplazenta) ist das ungeborene Messeler Fohlen sehr gut erhalten. «Dies ist sowohl die älteste als auch die am besten erhaltene Uteroplazenta», sagte Franzen. Der Fund zeige, «dass die Evolution einer modernen Gebärmutter wahrscheinlich im Paläozän vor etwa 66 bis 56 Millionen Jahren, möglicherweise aber noch früher stattfand.»

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Nicht die unmittelbar bevorstehende Geburt sei die Ursache für den Tod der Stute gewesen, vermuten die Forscher. «Vielleicht fiel das Muttertier am damaligen Maarsee von Messel giftigen Gasen spätvulkanischen Ursprungs zum Opfer, vielleicht wurde es aber auch von einem der zahlreichen Krokodile getötet, als es zum Trinken ans Ufer des Sees kam», sagte Franzen.

Als Europa subtropisches Klima hatte

Vor rund 50 Millionen Jahren herrschte im Gebiet der heutigen Ölschiefergrube Messen subtropisches Klima, Regenwald bedeckte die Region. Bekannteste von mehreren hundert dort entdeckten Tier- und Pflanzenarten ist das etwa 30 Zentimeter grosse Urpferdchen, ein Vorfahr des Pferdes. Es ist das Wahrzeichen der zum Unesco-Weltnaturerbe gehörenden Grube. Entstanden war sie durch einen Vulkanausbruch.

Der Kratersee wurde für viele Tiere zur tödlichen Falle. Sie ertranken oder vergifteten sich mit Algenwasser. Ihre toten Körper sanken zu Boden, wo sie versteinerten und in dem Ölschiefer ungewöhnlich gut erhalten wurden. Von 1884 bis 1971 wurden auf dem 1000 Meter langen und 700 Meter breiten Gelände rund 20 Millionen Tonnen Ölschiefer abgebaut.

(sda/dpa)

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