Allein durch gedachte Kommandos können Piloten möglicherweise einmal ihr Flugzeug steuern. Das hirngesteuerte Fliegen habe erstmals am Simulator funktioniert – und zwar mit überraschender Genauigkeit, teilte die Technische Universität München (TUM) am Montag mit. Elektrische Potenziale werden dabei in Steuerbefehle umgewandelt.
«Es ist nicht so, dass direkt Gedanken gelesen werden, sondern in dem Experiment stellt sich der Pilot Bewegungen seiner Hände vor. Wenn er das nicht macht, fliegt das Flugzeug im Idealfall geradeaus weiter», sagte Luft- und Raumfahrtingenieur Tim Fricke, der das Projekt an der TUM leitet. Denke der Pilot etwa ans Essen, ändere das nichts am Flug, da bei Hunger andere Neuronen aktiv würden. «Es ist meines Wissens das erste Mal, dass das in einem realitätsnahen Simulator gemacht worden ist», sagte Fricke. Es habe aber schon ähnliche Experimente mit Drohnen und Autos gegeben.
Bei dem Gemeinschaftsprojekt mit der TU Berlin werden Hirnströme gemessen, die für das Lenken zuständig sind. «Allerdings ist eine Idee, dass es andersherum funktionieren könnte. Nämlich dass man als Mensch lernt, Hirnströme zu erzeugen und zu lenken – wie man lernt, ein Musikinstrument zu spielen», ergänzte Fricke. Auch dazu gebe es bereits Versuche.
Bei dem Flugtest stiegen sieben Probanden mit unterschiedlichen Kenntnissen in den Flugsimulator. Ein Teilnehmer hatte gar keine praktische Erfahrung im Cockpit. Die Genauigkeit, mit der die Versuchspersonen allein durch gedachte Kommandos den Kurs halten konnten, hätte teils sogar den Anforderungen einer Flugscheinprüfung genügt, sagte Fricke. Auch der Landeanflug bei schlechter Sicht sei einigen gut gelungen.
Die Forscher beschäftigen sich nun mit Anforderungen an das Steuerungssystem und die Flugdynamik. Der Pilot spürt normalerweise Widerstände bei der Steuerung und muss Kraft aufwenden, wenn das Flugzeug zu sehr belastet wird. Das fällt beim hirngesteuerten Fliegen weg. Daher müsse der Pilot auf alternativen Wegen eine Rückmeldung erhalten, ob er etwa das Flugzeug zu stark beansprucht.
Die Forscher wollen ihr Projekt Ende September beim Deutschen Luft- und Raumfahrtkongress vorstellen. Bis zur Anwendung wird es aber noch lange dauern. Fricke: «Bis es überhaupt die technische Reife erlangt hat, vergehen sicher noch Jahre, Jahrzehnte.» (dhr/sda/dpa)