Aufgrund ihrer geologischen Bedingungen und Topografie ist die Schweiz besonders anfällig für Naturgefahren wie Bergstürze. Hier eine Übersicht über die folgenschwersten Fälle in der Schweiz:
Im Bündner Bergdorf Bondo im Bergell kommt es zu einem der grössten Bergstürze seit über 130 Jahren. Über drei Millionen Kubikmeter Gestein lösen sich vom Piz Cengalo – das Volumen von etwa 3000 Einfamilienhäusern. Die Gesteinsmassen fallen auf den darunterliegenden Gletscher und vermischen sich mit Eis und Wasser; der daraus entstehende Murgang wälzt sich bis ins Bergeller Haupttal. Das Bergdorf Bondo entgeht knapp seiner Zerstörung. Am Piz Cengalo kommen acht Menschen auf einem Wanderweg ums Leben.
Bei einem Felssturz bei Gurtnellen im Kanton Uri werden zwei Personen aus Deutschland in einem Auto getötet, als mehrere Felsbrocken auf die Gotthardautobahn A2 fallen. Zwei weitere Personen, die auf einem Rastplatz in ihren Lastwagen schlafen, werden verletzt.
Ein Felsbrocken mit einem Volumen von etwa 600 Kubikmetern durchschlägt eine Schutzgalerie an der Grossen St. Bernhard-Strecke bei Sembrancher. Dabei kommt ein 18-jähriger Autofahrer ums Leben.
Der Hitzesommer 2003 lässt den Permafrost in den Alpen abschmelzen. Zahlreiche Steinschläge und Erdrutsche sind die Folge; mehrere Alpinisten werden getötet. Am Matterhorn kommt es am 15. Juli zu einem grossen Felsabsturz.
Der «Chüebalmtunnel» der A8 bei Iseltwald am Brienzersee wird durch einen Felssturz durchschlagen. Verletzt wird niemand. Mehrere Häuser in Iseltwald werden evakuiert.
Ein Felssturz fordert im Walliser Saastal zwischen Stalden und Eisten auf der Strasse nach Saas Fee einen Toten und drei Verletzte. Die Talstrasse wird auf einer Länge von etwa 40 Metern völlig zerstört.
Bei einem Felssturz in St. Niklaus rutschen am Nachmittag 120'000 Kubikmeter Stein ins Dorf. Weder Menschen noch Gebäude kommen zu Schaden. Rund 110 Einwohner werden evakuiert.
In Lutzenberg im Kanton Appenzell Ausserrhoden sterben ein Elternpaar und ihr Sohn – in ihrem Haus, das nachts um halb vier von Erdmassen verschüttet wird.
Heftige Niederschläge führen zur Bildung eines Wasserfilms hinter der Felswand oberhalb von Gondo am Simplon. Die vom Wasser durchtränkte Erde löst sich und kommt in Bewegung. Unter ihrem enormen Druck gibt die tonnenschwere Beton-Schutzmauer oberhalb des Dorfs nach und wird mitgerissen. Der Murgang reisst Teile des Dorfes mit sich, 13 Menschen sterben. Zehn Gebäude werden zerstört, auch der Westteil des im 17. Jahrhundert gebauten Stockalperturms.
Bei einem Murgang oberhalb Grindelwald kommen ein Schweizer Bergführer und zwei US-Amerikaner auf einem Wanderweg ums Leben.
In der Bieler Taubenlochschlucht wird ein deutscher Junge auf dem Wanderweg von herabfallenden Felsbrocken getötet, drei weitere Kinder werden verletzt.
Randa wird durch mehrere Bergstürze von der Umwelt abgeschnitten. 30 Millionen Kubikmeter Gestein donnern bei drei aufeinander folgenden Rutschen ins Tal. Häuser und Ställe werden zerstört. Menschen kommen nicht zu Schaden.
Ein gewaltiges Stück des Allalingletschers bricht von der Gletscherzunge ab, darauf stürzt eine verheerende Lawine aus Eis und Geröll – rund zwei Millionen Kubikmeter – kurz vor Schichtwechsel auf die Baracken, Werkstätten und die Kantine der Baustelle des Mattmark-Staudamms zuhinterst im Walliser Saastal. 88 Menschen sterben, darunter 56 Gastarbeiter aus Italien, 11 werden verletzt.
Der Eiskegel türmt sich stellenweise bis zu 50 Meter hoch über den Verschütteten, die Bergungsarbeiten sind äusserst schwierig. Erst nach über einem halben Jahr wird die letzte Leiche geborgen. Die Baracken waren direkt in der Falllinie des Gletschers errichtet worden, doch das Gericht spricht die verantwortlichen Ingenieure frei. In Italien reagiert man mit Entsetzen auf den Freispruch.
720'000 Kubikmeter Fels lösen sich vom Flimserstein oberhalb von Fidaz in Flims und verschütten das Kinderheim Sunnehüsli. 18 Heimkinder werden Opfer des Bergsturzes. Zerstört werden neben dem Kinderheim 10 Hektar Wald, ein Stall mit vier Tieren sowie eine Maiensässhütte. 17 Hektar Wiesland werden mit Schutt überdeckt. Der Schuttstrom ist heute grösstenteils überwachsen, aber im Gelände immer noch deutlich zu erkennen.
Unsachgemässer Schieferabbau führt in Elm zu einem Bergsturz. Rund zehn Millionen Kubikmeter Gestein brechen ab und verschütten über 80 Häuser. 114 Menschen verlieren ihr Leben.
Der Bergsturz von Goldau gilt als die grösste Naturkatastrophe der Schweiz nach dem Erdbeben von Basel 1356. 40 Millionen Kubikmeter Gestein rauschen vom Rossberg in die Tiefe und zerstören die Dörfer Goldau, Röthen sowie Teile von Buosingen und Lauerz. Am Lauerzersee entsteht eine meterhohe Flutwelle. 457 Menschen kommen ums Leben.
Der Bergsturz im grenznahen Gebiet bei Plurs/Bergell in Italien, ausgelöst durch unsachgemässen Abbau von Lavezstein, fordert nach unterschiedlichen Angaben 1000 bis 2000 Tote.
Ein riesiger Bergsturz löst sich am 30. September 1512 oder 1513 oberhalb von Biasca und versperrt mit einem 60 Meter hohen Damm aus Geröll das Bleniotal. Durch den gestauten Brenno entsteht darauf ein fünf Kilometer langer See mit einem Wasservolumen von 200 Millionen Kubikmeter. Am 20. Mai 1515 bricht der Damm; die sich ins Tal ergiessenden Wassermassen überschwemmen die Region um Bellinzona und die Magadinoebene. Insgesamt kommen etwa 600 Menschen ums Leben. Die Katastrophe ist als «Buzza di Biasca» bekannt.
Der grösste bekannte Bergsturz in der Schweiz ereignet sich in prähistorischer Zeit. Am Ende der letzten Eiszeit vor rund 10'000 Jahren stürzen bei Flims nach dem Rückzug des Rheingletschers schätzungsweise 9 bis zu 13 Kubikkilometer Gesteinsmassen in das Rheintal hinunter. Das entspricht der Masse von 12 bis 13 Matterhörnern. Der Schuttkegel ist heute eine bewaldete Hügellandschaft, die Ruinaulta. Das Ereignis – 300-mal grösser als der Bergsturz von Goldau – gilt als einer der gewaltigsten Bergstürze weltweit. (dhr/sda)