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Es war das Fussball-Märchen des Jahres – doch nun muss Weltmeister-Goalie Barthez schleunigst Rat bei Sion-Präsi Constantin holen

Obwohl nicht im Spielbetrieb integriert, bereiten sich die Fussballer von Luzenac auf die neue Saison vor.
Obwohl nicht im Spielbetrieb integriert, bereiten sich die Fussballer von Luzenac auf die neue Saison vor.Bild: aFP
Ligue-2-Aufsteiger Luzenac

Es war das Fussball-Märchen des Jahres – doch nun muss Weltmeister-Goalie Barthez schleunigst Rat bei Sion-Präsi Constantin holen

Das Märchen des sensationellen Ligue-2-Aufsteigers Luzenac AP wurde jäh gestoppt. Die Liga hat dem Verein aus dem winzigen 650-Seelen-Nest die Teilnahme an der Meisterschaft verweigert. Nun geht der Pyrenäen-Klub den gleichen Weg wie einst der FC Sion.
21.08.2014, 14:4821.08.2014, 16:49
Philipp Reich
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Es war eine der grössten Sensationen in der französischen Fussball-Geschichte. Im April 2014 sicherte sich der Amateurverein Luzenac AP fünf Runden vor Saisonende den Aufstieg in die Ligue 2 und damit in den Profi-Fussball. Der Klub aus dem 650-Seelen-Dorf in den französischen Pyrenäen nahe der Grenze zu Andorra gehörte bereits in der 3. Liga zu den kleinsten Fussball-Klubs des Landes.

So feierte Luzenac AP den Aufstieg in die Ligue 2.video: youtube/Florent CAMPS

Doch das Fussball-Märchen scheint kein gutes Ende zu nehmen. Seit dem 1. August läuft die neue Ligue-2-Saison, mittlerweile sind drei Spieltage absolviert. Aufsteiger Luzenac ist nicht dabei. Denn das Kontrollgremium des Ligaverbandes LFP verweigerte dem Dorfklub aus finanziellen Gründen den Aufstieg in die Zweitklassigkeit. Dabei steht Luzenac finanziell besser da, als so mancher Liga-Konkurrent.

Ein reicher Geschäftsmann und Fabien Barthez

Der rasante Aufstieg ist eng mit dem Namen Jérôme Ducros, einem wohlhabenden Geschäftsmann aus Toulouse, verbunden. 2009 stieg Luzenac völlig überraschend in die 3. Liga auf. Dort wehrte man sich zwei Jahre lang mit viel Glück gegen den Wiederabstieg. Dass sich der «Bergdorfverein» Jahr für Jahr in der 3. Liga halten konnte, war der Verdienst von Trainer Christophe Pélissier. Trotz einem Jahresbudget von nur zwei Millionen Euro konnte er  immer wieder Talente von unterklassigen Klubs oder Profi-Reserveteams in die Pyrenäen holen.

Der Fanaufmarsch hält sich bei den Spielen des Dorfklubs in Grenzen.
Der Fanaufmarsch hält sich bei den Spielen des Dorfklubs in Grenzen.Bild: AFP

2012 stieg schliesslich Ducros bei Luzenac ein. Das Budget wurde erhöht, ohne dabei den Boden unter den Füssen zu verlieren. Mit Weltmeister-Torhüter Fabien Barthez, der selbst aus der Region stammt, konnte ausserdem ein Aushängeschild erster Güte als neuer Manager verpflichtet werden. Der sportliche Aufstieg ging trotz finanzieller Zurückhaltung rasant weiter. «Wir wollten innerhalb von drei Jahren aufsteigen», erklärte Präsident Ducros nach dem Wunder im April. «Wir sind weit vor dem Zeitplan.»

Luzenac-Präsident Jérôme Ducros mit seinem Manager Fabien Barthez. 
Luzenac-Präsident Jérôme Ducros mit seinem Manager Fabien Barthez. Bild: AFP

Die Stadionfrage

Obwohl die Mannschaft seit längerer Zeit im eine Autostunde entfernten Toulouse trainerte, trug Luzenac bis vor der letzten Saison seine Heimspiele im 1971 gebauten Stade Paul-Fédou aus, das allerdings nur rund 1000 Zuschauern Platz bietet. Für die Aufstiegssaison wechselte man deshalb ins 30 Kilometer entfernte Stadion in Foix mit seinen rund 3000 Plätzen. Doch für die Ligue 2 ist auch dieses zu klein.

Auf der Suche nach einer neuen Arena wurde man in Toulouse fündig. Die Stadt genehmigte dem Verein die Untermiete im Stade Ernest-Wallon, das rund 20'000 Zuschauer fasst. Die hohe Stadionmiete für die Rugby-Arena war dann aber einer der Hauptgründe für die verweigerte Lizenz.

Stadion 1: Das Stade Paul-Fédou mit seiner Hauptribüne ist schon lange zu klein
Stadion 1: Das Stade Paul-Fédou mit seiner Hauptribüne ist schon lange zu kleinBild: Flickr
Stadion 2: Das Stade de Foix genügt den Ansprüchen der Ligue 2 nicht mehr.
Stadion 2: Das Stade de Foix genügt den Ansprüchen der Ligue 2 nicht mehr.Bild: Flickr
Stadion 3: Im Rugby-Stadion von Toulouse könnte sich Luzenac einmieten, doch der Ligaverband ist nicht einverstanden.
Stadion 3: Im Rugby-Stadion von Toulouse könnte sich Luzenac einmieten, doch der Ligaverband ist nicht einverstanden.Bild: flickr

Nach dem negativen Entscheid der LFP legte Luzenac sofort Einspruch ein. Die Sorgen um die Finanzen des Klubs seien haltlos. «Wir haben nicht einen Euro Schulden», erklärte Barthez unlängst. Doch der Einspruch blieb zunächst ohne Erfolg. Am Tag vor Beginn der neuen Ligue-2-Saison entschied jedoch ein Zivilgericht, dass der Ligaverband seinen Entscheid erneut überprüfen müsse.

Obwohl der französische Fussballverband Luzenac die Zweitliga-Zugehörigkeit schliesslich nachträglich zugestand, weigerte sich die LFP weiterhin, diesen Entscheid umzusetzen. Seither will der Aufsteiger den Ligue-2-Spielbetrieb gerichtlich stoppen und eine Teilnahme erzwingen. Der finale Entscheid soll am morgen Freitag fallen. Ob positiv oder negativ ist völlig offen.

Präzedenzfall Sion?
2003 wurde der FC Sion aus finanziellen Gründen von der Super League in die 1. Liga zwangsrelegiert. Christian Constantin, der mit seiner Transferpolitik massgeblich für die Probleme der Walliser beteiligt war und im Sommer wieder das Präsidentenamt übernahm, kämpfte in der Folge gerichtlich gegen Zwangsabstieg an.

Constantin gewann der Prozess gegen die Swiss Football League und Sion musste mitten in der Saison in die Challenge League eingegliedert werden. Mit rund drei Monaten Verspätung startete man in die auf 17 Teams aufgestockte Meisterschaft. Die verpassten Spiele musste der zweifache Schweizer Meister unter der Woche nachholen. 

Wird die Saison mit 21 Teams fortgesetzt?

Falls Luzenac tatsächlich Recht erhalten sollte, hat die Liga ein Problem. Den Startplatz des Aufsteigers hat nämlich der letztjährige Ligue-2-Absteiger FB Châteauroux geerbt. Die Meisterschaft müsste mitten in der Saison auf 21 Teams erweitert werden. Ein Spielplan mit 21 Mannschaften wurde vor der Saison offenbar bereits erstellt, eine Aufstockung mitten in der Saison liegt aber sicherlich nicht im Interesse des Verbandes.

Luzenac liegt verträumt mitten in den französischen Pyrenäen.
Luzenac liegt verträumt mitten in den französischen Pyrenäen.Bild: Wikipedia

In Luzenac rechnet deshalb niemand mit einem positiven Entscheid. «Der Verband will offenbar keinen Dorfverein im Profi-Fussball haben», glaubt Ducros. In den Pyrenäen geht deshalb die Angst um, dass Luzenac das gleich Schicksal erleidet wie die ASOA Valence vor neun Jahren. 2005 qualifizierte sich der Klub sportlich für die Ligue 2, der Ligaverband verweigerte aus finanziellen Gründen den Aufstieg, worauf der Klub konkurs ging.

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