Digital
Apple

Apple gegen Samsung – oder: Wenn Mitarbeiter Geschäftspapiere aufessen

Samsung kämpft mit harten Bandagen. Bei den Smartphones zogen die Südkoreaner nach, bei den Smartwatches haben sie vorgelegt.
Samsung kämpft mit harten Bandagen. Bei den Smartphones zogen die Südkoreaner nach, bei den Smartwatches haben sie vorgelegt.Bild: Getty Images Europe
The Great Smartphone War

Apple gegen Samsung – oder: Wenn Mitarbeiter Geschäftspapiere aufessen

Seit drei Jahren bekämpfen sich Apple und Samsung auf vier Kontinenten. Im Zuge der Gerichtsverfahren kommen immer wieder unglaubliche Dinge ans Licht.
06.05.2014, 12:2923.06.2014, 13:49
Mehr «Digital»

Im März 2011 fuhren vor einer Samsung-Fabrik im südkoreanischen Suwon die Kastenwagen vor. Staatliche Ermittler wollten mit einem «Blitzbesuch» die Geschäftsräume durchsuchen. Es bestand Verdacht auf Preisabsprachen zwischen dem Elektronikhersteller und verschiedenen Mobilfunk-Providern im Land.

Doch die Türen blieben verschlossen, Sicherheitsleute des Unternehmens verweigerten den Zutritt. Die Ermittler mussten ihrerseits die Polizei rufen, um 30 Minuten später doch noch ins Gebäude zu gelangen.

Neugierig darauf, was in der Zwischenzeit im Innern passiert war, beschlagnahmten die Kartellwächter die Videos der internen Überwachungskameras. Was sie darauf entdeckten, war kaum zu glauben.

Kaum hatten die Samsung-Angestellten von der Razzia erfahren, begannen sie offensichtlich damit, verräterische Dokumente zu vernichten und Computer auszutauschen. Einer verschluckte sogar Geschäftspapiere, um die Beschlagnahmung zu verhindern.

Zweifelhafter Erfolg

Das ist nur eine Anekdote aus einer langen und lesenswerten Story des US-Magazins «Vanity Fair». Unter dem Titel The Great Smartphone War wird einer der schlimmsten Wirtschaftskriege der Geschichte beleuchtet.

Seit drei Jahren bekämpfen sich Apple und Samsung mit allen erdenklichen Tricks und Finten. Zu den Gewinnern gehören sicher die Anwälte. Die auf vier Kontinenten ausgetragenen juristischen Grabenkämpfe haben bereits über eine Milliarde US-Dollar verschlungen.

Die Apple-Anwälte erfuhren angeblich während einem Südkorea-Aufenthalt von den Vorkommnissen. Sie hätten sich daraufhin halb scherzhaft gefragt, ob es überhaupt möglich sei, gegen ein Unternehmen mit derart loyalen Angestellten vorzugehen, heisst es.

Lächerliche Beträge

Apple hat es doch versucht. Mit zweifelhaftem Erfolg. Wie eine dem Unternehmen nahestehende Person verriet, seien die endlosen Kämpfe eine grosse Belastung – sowohl emotional wie auch finanziell.

Zwar hat gerade erst eine US-Jury erneut ein Urteil zugunsten von Apple gesprochen. Die Südkoreaner müssen wegen Patentverletzungen knapp 120 Millionen Dollar Schadenersatz bezahlen. Im selben Prozess wurde aber auch der iPhone-Hersteller wegen Verletzung eines Samsung-Patents zu einer Schadenersatz-Zahlung von 158'400 Dollar verurteilt.

Das sind natürlich keine relevanten Beträge, wenn man die Milliardengewinne betrachtet, die beide Konzerne Jahr für Jahr einfahren. Ungleich schlimmer dürfte aber der Image-Schaden sein, der entsteht, wenn eigentlich vertrauliche Firmen-Interna publik werden.

Das iPhone und das Galaxy S.
Das iPhone und das Galaxy S.Bild: jailbreakmodo.com

Patentklagen mit Gegenklagen kontern: Das gehört laut «Vanity Fair» zum Standardprozedere von Samsung. Angeblich genau so wie das bewusste Ignorieren des geistigen Eigentums Dritter. So habe es der südkoreanische Mischkonzern nicht erst seit dem Kopieren des ersten iPhones im Jahr 2007 geschafft, die Konkurrenten im Markt zu überflügeln.

Das unzimperliche Vorgehen zeigen frühere Auseinandersetzungen mit den Unternehmen Sharp (LCD-Bildschirme) und Pioneer (Plasma-Fernseher). In beiden Fällen habe Samsung durch Patente geschützte Technologie kopiert und sich geweigert, Lizenzgebühren zu bezahlen. Es kam zu Rechtsstreitigkeiten, die bis zur letzten Instanz ausgefochten wurden.

Pioneer musste 2010 seine TV-Sparte schliessen, in den USA verloren 10'000 Menschen den Job. Und bei Sharp ist die Ironie der Geschichte ebenfalls gegeben: Das angeschlagene japanische Unternehmen musste sich 2010 helfen lassen. Von Samsung.

Dass sich die ganzen Streitigkeiten aus Sicht der Südkoreaner gelohnt haben, bestätigen laut «Vanity Fair» auch Leute, die mit Apple zusammengearbeitet hatten. Samsung habe sich vom Nachahmer und Trittbrettfahrer zu einem starken Mitbewerber in Sachen Mobile-Technologie entwickelt. Das Unternehmen verweist denn auch in der Öffentlichkeit immer häufiger auf die eigene Innovationskraft. Ein Eigenlob mit bitterem Nachgeschmack – für die Konkurrenz.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
2 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
2
Aufschub für Assange: Wikileaks-Gründer kann noch hoffen
Im jahrelangen Rechtsstreit um die von den USA geforderte Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange wurde an diesem Dienstag ein Urteil gefällt: Assange erhält eine Gnadenfrist.

Der 52-Jährige dürfe nicht unmittelbar an die Vereinigten Staaten überstellt werden, entschied der Londoner High Court am Dienstag. Demnach könnte dem Antrag auf Berufung des Australiers noch immer stattgegeben werden.

Zur Story