Kreuzlingen hat den Einkaufstourismus satt - Druck auf Politik

Kreuzlingen hat den Einkaufstourismus satt - Druck auf Politik

26.07.2017, 11:36

Im Grenzort Kreuzlingen steigt der Unmut über den Einkaufstourismus. Eine Bürgerinitiative fordert gleich lange Spiesse für das lokale Gewerbe, und der Stadtpräsident schmiedet eine Allianz mit anderen Schweizer Grenzorten - doch politisch bewegt sich wenig.

Ziel der Bemühungen ist eine neue Regelung der Mehrwertsteuer-Rückerstattung oder eine Senkung der Freigrenze von 300 auf 50 Franken. «Gleichzeitig muss man aber auch beim Preisniveau in der Schweiz ansetzen», sagte der Kreuzlinger Stadtpräsident Andreas Netzle der Nachrichtenagentur sda.

Netzle ist noch bis Ende Juli im Amt, danach wechselt er in die Privatwirtschaft. In seinem «Endspurt» als Stadtoberhaupt will er Bewegung in die harzige politische Diskussion bringen. Eine erste Konferenz von Vertretern der Grenzorte findet voraussichtlich im September in Kreuzlingen statt.

Organisiert wird das Treffen vom Schweizerischen Gemeindeverband. Mit dessen Präsidenten, dem Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann, und weiteren Interessierten hat sich Netzle bereits getroffen, um Ideen zu diskutieren. Das Ziel ist eine gemeinsame Lösung und ein geeintes Vorgehen der Gemeinden gegen den Einkaufstourismus.

Gegen den «Verkehrsinfarkt»

Wie stark das Thema die gut 21'000 Menschen in Kreuzlingen bewegt, zeigt die lokale Bürgerinitiative zur Abschaffung der Mehrwertsteuersubvention (KAMS). Ihr Gründer, der Ökonom Oswald Petersen, wolle «der Ressourcenvergeudung und dem täglichen Verkehrsinfarkt» in seiner Wahlheimat nicht länger zusehen.

Auf der Homepage der KAMS schreibt er, einen «grösseren Unsinn als diese grünen Zettel» habe er kaum je gesehen. Er meint damit die Ausfuhrscheine, welche die Einkaufstouristen am deutschen Zoll zu Tausenden abstempeln lassen, um später jeweils die Mehrwertsteuer zurückzufordern. In der Schweiz profitieren die Einkaufstouristen von einem Freibetrag.

Die Bürgerinitiative will dies ändern: Alle Kunden sollen Mehrwertsteuer zahlen, entweder in Deutschland oder in der Schweiz. Den Initianten geht es um faire Wettbewerbsbedingungen für alle Geschäfte, um die Gleichbehandlung aller Kunden sowie um eine Reduktion des Verkehrs und des Verwaltungsaufwands.

Hohe Hürden

Für die Umsetzung müssten die Schweiz und die EU jedoch Gesetze anpassen. Im Wissen um diese hohen Hürden unterstützt die KAMS auch einen Vorschlag der Schweizer IG Detailhandel mit Migros, Coop, Denner und Manor: Einkaufstouristen, die sich die deutsche Mehrwertsteuer zurückerstatten lassen, sollen im Gegenzug die Schweizer Steuer abliefern.

Der heutige Freibetrag von 300 Franken fiele weg. Dieses Modell könnte laut KAMS von der Schweiz im Alleingang beschlossen und umgesetzt werden. Die Erhebung der Schweizer Mehrwertsteuer würde allerdings an der Schweizer Grenze einen riesigen Aufwand verursachen.

Um dies zu vermeiden, schlägt die KAMS eine Internet-Bezahlplattform vor: Eine Webanwendung des Schweizer Zolls würde den Kunden erlauben, die Einfuhrsteuer innert eines Monats von zu Hause aus zu überweisen. Weil der Zoll Stichproben-Kontrollen durchführen müsste, finden Detaillisten wie Aldi, Lidl, Landi, Spar und Volg das System zu bürokratisch. (sda)

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