
Die Wähleranteile der einzelnen Parteien in Prozent im Vergleich mit den Wähleranteilen der Wahlen 2011, wenn in der letzten Augustwoche gewählt worden wäre.
gfs bern
09.09.2015, 16:5909.09.2015, 17:17
Im dritten Wahlbarometer 2015 vor den eidgenössischen Wahlen zeichnet sich ein Rechtsrutsch ab. Die SVP hätte Ende August einen Wähleranteil von 28 Prozent erreicht und die FDP wäre auf 16,9 Prozent gekommen. Beide Parteien profitieren von bisherigen Nichtwählenden.
Die SP kommt auf einen Wähleranteil von 19,3 Prozent und würde damit um 0,6 Prozentpunkte wachsen und marginal besser abschneiden als bei den Wahlen 2011.
Auf einem kontinuierlichen Sinkflug befinden sich gemäss Umfrage hingegen CVP, BDP und GLP.
Die CVP ist im August noch auf 11,1 Prozent gekommen. Im Juni waren es 11,5 Prozent. Die BDP erreicht derzeit noch 4,2 Prozent (Juni: 4,4%) und die GLP 4,3 Prozent (4,8%). Die Grünen bleiben stabil auf 7,4 Prozent. Das Forschungsinstitut GfS Bern hat Ende August über 2000 Personen in der gesamten Schweiz befragt.
Prozentualer Wähleranteil im Vergleich mit 2011

Die Werte rechts zeigen die Wähleranteile der einzelnen Parteien an, wenn Ende August gewählt worden wäre. Die Werte links zeigen die Wähleranteile der Wahlen 2011 an.
Bild: gfs bern
Hoffnungen in die BDP seien verflogen
Gemäss GfS Bern schneidet die BDP etwas schwächer ab, weil sie ehemalige Wählende an die Nicht-Wähler verliert. «Hauptgrund ist hier, dass die in die Partei gesetzten Hoffnungen verflogen sind.» Das genau Gleiche gelte auch für die GLP. Bei ihr kommt die historische Niederlage bei ihrer ersten eigenen Initiative hinzu.
«Von der neuen Mitte, von der 2011 vielfach die Rede war, geht heute damit kaum mehr Strahlkraft aus», kommentiert GfS Bern die Ergebnisse. Die Aufteilung der neuen Parteien in eigene, kleine Fraktionen habe diese nicht wie erhofft gestärkt, sondern eher geschwächt.
Rechtsrutsch und Polarisierung
Nach heutigem Kenntnisstand könnte man daher von einem Rechtsrutsch sprechen, da FDP und SVP gestärkt werden. Gleichzeitig könnte aber auch die SP noch an Wählergunst zulegen. «Man kann deshalb ergänzend auch von einer Polarisierung sprechen», hält GfS Bern fest.
SVP, FDP aber auch die SP profitieren konkret von bisherigen Nichtwählenden. Die FDP gewinnt zudem ehemalige Wählerinnen und Wähler der BDP und der GLP. Links kann die SP auf Kosten der Grünen zulegen. Allerdings müssen die Sozialdemokraten auch einige Stimmen an die GLP abgeben. Die SVP holt konservative Wählerschichten an Bord, die bislang der CVP gehörten.
Überparteiliche Migrationspolitik
Über die Gründe für den Zuwachs der Wählergunst bei der SVP kann GfS Bern nur Mutmassungen anstellen: «Ohne Zweifel wird man aber die zentrale Debatte in diesem Sommer erwähnen können, ausgelöst an der Delegiertenversammlung der SVP, an der Parteipräsident Toni Brunner zum Widerstand gegen neue Asylzentren aufrief.»
Sie setzt damit auf das Thema, das den Befragten am meisten unter den Nägeln brennt: Für fast die Hälfte der Befragten gehören Migration, Ausländer, Integration, Asyl und Flüchtlinge zum dringendsten Problem, das die Schweizer Politik lösen sollte. Und der SVP wird dafür von 29 Prozent der Befragten die grösste Kompetenz zugesprochen.
Allerdings beobachten die Forscher, dass die SVP ihre Leaderposition beim Thema Migration je länger je mehr verliert. Gerade in der Migrationsfrage steige der Wunsch nach überparteilichen Lösungsvorschlägen.
Zweites drängendes Problem ist gemäss Umfrage die Europa-Frage und damit verbunden die Bilateralen. Lösungskompetenzen werden hier vor allem der FDP zugesprochen. Die SP gilt als Ansprechpartnerin, wenn es um die soziale Sicherheit und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geht. Die Grünen besetzen klar die Umweltfragen. Allerdings haben diese an Bedeutung verloren. (sda)
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