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Ostschweiz

Tödliche Schiesserei in St.Galler Moschee: Der Imam spricht von einer Familienfehde

Im Gebetsraum fand die Kantonspolizei eine Leiche.
Im Gebetsraum fand die Kantonspolizei eine Leiche.bild: Screenshot webseite «el hidaje»
Blutige Auseinandersetzung in der Moschee

Tödliche Schiesserei in St.Galler Moschee: Der Imam spricht von einer Familienfehde

22.08.2014, 15:1625.08.2014, 11:13
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In St. Gallen ist es während des Freitagsgebets am frühen Nachmittag zu einer Schiesserei in einer Moschee gekommen, wie die St. Galler Kantonspolizei gegenüber watson bestätigt. 

Die Polizei erhielt um 14 Uhr eine Meldung, dass in der albanischen Moschee «El Hidaje» an der Herisauerstrasse in St.Gallen Schüsse fielen. Die ausgerückte Patrouille nahm vor Ort eine männliche Person mit einer Faustfeuerwaffe fest. Sie fand zudem eine tote, männliche Person im Gebetsraum der Moschee.

Zum Zeitpunkt der Tat befanden sich weitere Personen in den Räumlichkeiten. Ob diese mit der Tat etwas zu tun haben, ist nicht bekannt. Die Polizei ist vor Ort und hat die Ermittlungen aufgenommen. 

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Bild: KEYSTONE

Fehde zwischen zwei verfeindeten Familien?

Hintergrund der Bluttat ist allen Anschein nach eine Fehde zwischen zwei verfeindeten Familien. Der Vorfall hat demnach weder einen politischen noch einen religiösen Hintergrund. 

Gegenüber dem St. Galler Radio FM1 sagt Imam Fehim Dragusha, dass das Opfer vor rund 18 Jahren ein Familienmitglied des Täters in dessen Heimat ermordet habe. Es sei traurig, dass die Familienfehde nun in der Schweiz ausgetragen worden sei, so Dragusha weiter.

Der Imam verurteilt die Tat scharf. Gewalt habe in einer Moschee nichts verloren, der Islam würde solche Taten verurteilen. Er selber habe das zirka 40-jährige Opfer persönlich gekannt und als sehr angenehmen Menschen kennengelernt. Er wisse aber nicht, was vor langer Zeit passiert sei.

Journalisten sollen «schnell verschwinden»

Die Mitglieder der Glaubensgemeinschaft, die nach der Erschiessung noch vor Ort geblieben sind und mit der Polizei die Ermittlungen koordinierten, wollten sich zum Hintergrund der Tat nicht äussern. Sie wollen die «Sache in der Gemeinschaft» klären. Gegenüber watson sagte ein Mitglied der Gemeinde, es sei besser, wenn er «schnell verschwinden» würde.

Die Situation vor Ort wird von den Beteiligten extrem bedeckt gehalten. Männer, die zuvor im obersten Stock der Moschee gebetet hätten, verfolgten die Situation von der gegenüberliegenden Bushaltestelle. Auf serbisch sagte ein älterer Mann, es sei eine «Schande», dass sowas «am heiligsten Tag des Islams» passiere. «Für uns Muslime ist der Freitag wie der Sonntag.» Mehr wolle und dürfe er aber nicht sagen.

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bild: watson

Nachbarin hörte mindestens zwei Schüsse

Eine Nachbarin der Moschee sagte der sda, sie habe mindestens zwei Schüsse gehört. Der mutmassliche Täter sei von der Polizei in Handschellen und mit einem Sack über dem Kopf abgeführt worden. 

Laut der Nachbarin treffen sich in der Moschee täglich Gläubige drei Mal zum Gebet. Mitglieder der Islamischen Gemeinschaft vor Ort vermuteten ebenfalls, dass es sich um einen Racheakt für ein vergangenes Tötungsdelikt handle.

Laut dem St. Galler Tagblatt haben die Mitglieder der albanisch-islamischen Gemeinschaft «El Hidaje» die Liegenschaft an der Herisauer Strasse 2003 erworben und einen Gebetsraum für die rund 350 Gläubigen eingerichtet. Wie Radio FM1 berichtet, haben die Anwohner des Wohnhauses in all den Jahren nie negative Erfahrungen mit «El Hidaje» gemacht. 

Ähnliche Taten 2004 und 2007

Bereits im November 2007 war es in der Schweiz zu einem Gewaltdelikt in einem muslimischen Gebetshaus gekommen. Ein 23-jähriger, psychisch angeschlagener Täter gab im islamischen Zentrum von Crissier VD mehrere Schüsse ab. Der Schweizer muslimischen Glaubens verletzte einen der Anwesenden schwer am Unterleib, bevor er von Gläubigen überwältigt wurde.

Drei Jahre zuvor, im November 2004, hatte ein 46-jähriger Tunesier im islamischen Zentrum von Lausanne den Imam und acht weitere Personen beim Freitagsgebet mit einem Messer verletzt. Ein psychiatrisches Gutachten stellte danach fest, der Täter leide unter geistiger Verwirrtheit. (sza/pma/aeg)

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