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Österreich steigt ab, weil Frankreich und Lettland genau das Resultat spielen, welches beiden hilft – Betrug oder Zufall?

Frankreich jubelt auf Kosten von Österreich.
Frankreich jubelt auf Kosten von Österreich.Bild: EPA/KEYSTONE

Österreich steigt ab, weil Frankreich und Lettland genau das Resultat spielen, welches beiden hilft – Betrug oder Zufall?

Nur in einem einzigen Fall konnte Österreich absteigen. Wenn Frankreich gegen Lettland in der Verlängerung oder im Penaltyschiessen gewinnt. Genau das ist passiert. Kein Schelm, wer jetzt denkt, Österreich sei betrogen worden.
12.05.2015, 21:1813.05.2015, 16:22
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Lettland führt 2:0, Frankreich gleicht aus und gewinnt schliesslich das Penalty-Schiessen. Alle drei Penaltys werden versenkt. Dieses 3:2 n.P. beschert Aufsteiger Österreich den Abstieg.

Erinnerungen an das arrangierte 3:3 zwischen der Schweiz und Rumänien bei der B-WM 1982 werden wach. Dieses Remis (die gab es damals noch im Hockey) verurteilte China zum Abstieg. Wir erinnern uns auch an das 1:0 von Deutschland gegen Österreich bei der Fussball-WM 1982, das Deutschland und Österreich auf Kosten von Algerien eine Runde weiter brachte. Und unvergessen das 2:2 zwischen Dänemark und Schweden, das beide Teams auf Kosten von Italien bei der Euro 2004 ins Viertelfinale vorrücken liess.

Algerische Fans an der WM 2014: Auch sie haben das abgekartete Spiel 1982 nicht vergessen.
Algerische Fans an der WM 2014: Auch sie haben das abgekartete Spiel 1982 nicht vergessen.Bild: EPA

Ein Spiel für die Ewigkeit?

Und nun also dieses 3:2 n.P. der Franzosen gegen Lettland. Wir werden uns noch nach Jahren an dieses Spiel erinnern. Für die Österreicher ist der Abstieg unter diesen Umständen ganz besonders bitter. Der Schweizer Roger Bader, der in Österreich als Ausbildungschef und U-20-Nationaltrainer arbeitet und auch hier in Prag dabei ist, hütet sich, von Betrug zu reden. 

«Es ist einfach bitter und es musste wohl so kommen. Aber da kann man gar nichts machen und irgendwelche Proteste bringen nicht. Wir haben vorher die Rettung verpasst. Beispielsweise hätte Michael Raffl in der Schlussminute gegen Deutschland alles klar machen können und ich dachte nach diesem Spiel, das wir dann erst in Penaltyschiessen gewonnen haben, dass uns dieser fehlende Punkt zum Verhängnis werden könnte.»

«Ein Spiel zu arrangieren ist so niederträchtig, dass ich nicht einmal an so etwas zu denken wage.»
Frankreich-Coach Dave Henderson

Die Frage, ob manipuliert worden sei, brachte Frankreichs langjährigen Cheftrainer Dave Henderson in Rage. «Ein Spiel zu arrangieren ist so niederträchtig, dass ich nicht einmal an so etwas zu denken wage. Es wäre gegen alle meine Überzeugungen und alleine diese Frage ist eine Beleidigung für Frankreichs Hockey, für unsere Spieler und für mich. Wir kämpfen jedes Jahr um den Verbleib in der höchsten WM-Gruppe und es tut uns weh, wenn wir sehen, das Österreich absteigen muss. Wir haben in diesem letzten Spiel alles gegeben und schliesslich gewonnen. Wer dieses Spiel gesehen hat, weiss, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist.»

Frankreich-Coach Dave Henderson.
Frankreich-Coach Dave Henderson.Bild: KEYSTONE

Respekt aber keine Manipulation

Er führte weiter aus, dass zwischen Frankreich und Lettland freundschaftliche Beziehungen bestehen. «Wir spielen ja so oft gegeneinander, auch ausserhalb der WM- Turniere. Aber gerade deswegen respektieren wir uns und kämen niemals auf den Gedanken, ein Spiel zu manipulieren.»

«Wenn das denn alles arrangiert gewesen wäre, dann wäre es eine schauspielerische Meisterleistung.»
Frankreich-Torwart Cristobal Huet

Frankreichs Torhüter Cristobal Huet (Lausanne) gibt zu bedenken, dass es gar nicht möglich wäre, ein Resultat zu arrangieren. «Es hat Pfostenschüsse auf beiden Seiten gegeben, es war ein Hin- und Her. Wenn das denn alles arrangiert gewesen wäre, dann wäre es eine schauspielerische Meisterleistung.» 

Cristobal Huet wird im Penaltyschiessen von Lauris Darzins bezwungen.
Cristobal Huet wird im Penaltyschiessen von Lauris Darzins bezwungen.Bild: POOL/REUTERS

Natürlich habe jeder gewusst, welches Resultat es braucht. «Wir können ja die Tabelle auch lesen. Wir haben untereinander nicht einmal über diese Ausgangslage gesprochen. Wir wollten einfach gewinnen und das haben wir schliesslich geschafft.»

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Es gibt keine Beweise

Betrug oder Zufall? Es wird nie einen Beweis geben. Immer nur Verschwörungstheorien. IIHF-Präsident Dr. René Fasel sagte denn auch bereits im Vorfeld, es gebe keinerlei Möglichkeit, solche Resultate zu verhindern und deshalb erübrige sich jede Diskussion.

Es war ein seltsames Spiel – weil alle um die Ausgangslage wussten. So wie der unglücklich Verliebte jede Geste seiner Angebeteten als Liebesbeweis interpretiert, so ist jede Aktion auf eine mögliche Abmachung hinterfragt worden. Viele Szenen waren seltsam, einige aber auch nicht. Dass Frankreich gleich alle drei Penaltys verwertete, war erstaunlich und ungewöhnlich. Aber den Beweis, dass irgendetwas nicht korrekt gelaufen wäre, den gibt es nicht.

Das Penaltyschiessen zwischen Frankreich und Lettland.YouTube/HockeyVideos!

Die Wahrheit ist wohl die, dass jeder wusste, worum es ging, dass niemand je irgendetwas gesagt oder angeordnet hat, niemand etwas sagen und anordnen musste, und dass alle letztlich das Resultat, das beiden Mannschaften dient, alle gerne so hingenommen haben. Im juristischen Sinne gibt es keinen Betrug, nicht einmal Beihilfe zum Betrug. Höchstens stille Duldung einer vorteilhaften Spielentwicklung. Wohlwollende Hinnahme eines zufälligen Resultates.

Eishockey ist ein unberechenbares Spiel, das auf einer rutschigen Unterlage ausgetragen wird. In dieser einen Partie zwischen Frankreich und Lettland schien dieses unberechenbare Spektakel berechenbar zu sein.

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