Luca Cunti hat für zwei Jahre in Lugano unterschrieben. Die Chancen sind intakt, dass er im sonnigen Tessin sein spielerisches Potenzial besser entfalten kann als im frostigen Leistungsklima der ZSC Lions. Aber es ist auch möglich, dass er im Schatten von so vielen sensiblen, gut bezahlten Alphatieren nicht genug Sonnenschein des Lobes und der Anerkennung erhalten wird.
Neben vier bis sieben teuren ausländischen Arbeitnehmern beschäftigt Lugano mit Damien Brunner, Dario Bürgler, Alessio Bertaggia und Gregory Hofmann noch weitere Offensiv-Künstler aus der oberen Hubraumklasse, die in der Teamhierarchie vorerst vor dem prominenten Neuzuzug stehen werden.
Luca Cunti bianconero per le prossime due stagioni! https://t.co/fSHkU7ZM09#benvenuto #welcome #UFB pic.twitter.com/n4rchIAlnX
— HOCKEY CLUB LUGANO (@OfficialHCL) 7. Dezember 2016
Ist der Transfer eine Überraschung? Ja und nein. Nein, weil ZSC-Sportchef Edgar Salis Luca Cunti keine Offerte zur Vertragsverlängerung gemacht hatte. Der WM-Silberheld musste sich einen neuen Arbeitgeber suchen. Nein auch, weil seine Agenten Roly Thompson und Georges Müller stets darauf bedacht sind, ein finanzielles Maximum herauszuholen. Und so viel Geld wie in Lugano ist nun mal bei keinem anderen Schweizer Klub zu holen. Weil nur in Lugano das Geld keine Rolle spielt.
Luca Cunti zieht das milde Leistungsklima in Lugano der grossen sportlichen Herausforderung vor. Lugano ist inzwischen das YB des Eishockeys geworden: Allerbeste Voraussetzungen, viel, viel Geld und doch seit 2006 nie mehr Meister. Ideal für die Spieler: Trotz fürstlicher Entlöhnung ist der Erwartungsdruck bei Lichte besehen nicht viel höher als in Kloten, Langnau oder Biel.
Lugano hat sich längst daran gewöhnt, nicht mehr Meister zu werden – wird der Titel verpasst, ist es halb so schlimm. Nächstes Jahr wird es dann garantiert besser. Wer nach Lugano geht, hat nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen. Vielleicht gelingt es ja doch einmal einem Trainer, das enorme Potenzial dieses Teams zu bündeln und in Resultate umzusetzen.
Zwei Punkte sind bei diesem Transfer bedenkenswert: Luca Cunti ist einer der wenigen Spieler, die eine Mannschaft besser machen können. Ein Transfer zu einem Team wie Biel oder Lausanne wäre eine enorme sportliche Herausforderung und ganz im Sinne der Ausgeglichenheit der Liga. Die grossen Spieler – oder solche, die eine grosse Zukunft vor sich haben – tendieren zu einem Wechsel in die Grossklubs.
Im Windschatten anderer Titanen in einem Spitzenteam lebt es sich bequemer als in der Rolle eines Leitwolfes bei einer mittelmässigen Mannschaft. Erst Gaëtan Haas von Biel zum SC Bern, jetzt Luca Cunti zu Lugano und nicht nach Biel oder Lausanne. Das ist im Interesse einer ausgeglichenen Liga mittelfristig nicht vorteilhaft.
Luca Cunti hat den Fünfer und das Weggli. Die sportlichen Perspektiven und das Geld. Lugano hat jedes Jahr genug Talent für den Titel. Wird Lugano Meister, wird es auch sein Verdienst sein und Cuntis Marktwert steigern. Ein Scheitern in Lugano wird hingegen den Marktwert nicht schmälern. Scheitern in Lugano wird von den Sportchefs der Liga eher dem Umfeld, der mit Geld überdüngten Leistungskultur und nicht dem Spieler angelastet. Nach Ablauf des Zweijahresvertrages wird Luca Cunti erst 29 sein – nach wie vor im besten Alter. Jeder Klub mit Ausnahme der ZSC Lions wird ihm eine neue Chance geben.