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Die russischen Oligarchen ziehen ihre Milliarden ab - die Krim-Krise wird zum Wirtschaftskrieg

Wirtschaftssanktionen könnten ihm nicht ungelegen kommen: Der russische Präsident Putin.
Wirtschaftssanktionen könnten ihm nicht ungelegen kommen: Der russische Präsident Putin.Bild: EPA/RIA NOVOSTI POOL
Folgen der Sanktionen

Die russischen Oligarchen ziehen ihre Milliarden ab - die Krim-Krise wird zum Wirtschaftskrieg

Die EU verhängt Sanktionen und Einreisesperren gegen 21 Personen. Die Russen schaffen ihr Geld nach Hause. Das Parlament der Krim erklärt die Unabhängigkeit. Die Krim-Krise wird zu einem Wirtschaftskrieg. 
17.03.2014, 14:5223.06.2014, 14:51
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Die Abstimmung auf der Krim löste in Russland nicht nur Jubel aus, sondern auch eine Börsenralley. Am Montagmorgen eröffneten die Kurse in Moskau durchschnittlich um rund zwei Prozent höher. Die Hausse steht jedoch auf sehr wackligen Füssen. Letzte Woche mussten die Anleger Kursverluste in der Höhe von 16 Prozent verkraften. Auch der Rubel befindet sich weiter auf einem Sinkflug. 

Der Freudensprung der Börse dürfte vorübergehend sein. Die Lage spitzt sich zu, und die russischen Oligarchen und Unternehmen richten sich auf einen Wirtschaftskrieg mit dem Westen ein. Gemäss Angaben der «Financial Times» haben sie in den letzten Tagen bereits Vermögenswerte in der Höhe von rund 50 Milliarden Dollar nach Russland zurück transferiert. Sie tun dies mit ausdrücklicher Billigung, ja auf Wunsch von Wladimir Putin. Der russische Präsident hat die Heimschaffung von russischen Vermögen zur patriotischen Pflicht erklärt.

Mehr als sechs Milliarden Dollar Verlust für die Superreichen

Bereits jetzt kommt die Krim-Krise Russlands Oligarchen teuer zu stehen. Das auf die Analyse von Superreichen spezialisierte Institut Wealth-X schätzt, dass die Verluste der zehn bedeutendsten Milliardäre sich auf 6,6 Milliarden Dollar belaufen. Es könnten bald mehr sein. Sowohl die EU als auch die USA sind entschlossen, auf das völkerrechtswidrige Vorgehen von Putin mit Wirtschaftssanktionen zu antworten. Das zeigt schon Wirkung. So hat die britische Bank Barclays einen bedeutenden Deal mit russischen Energiepartnern platzen lassen. 

Putin hingegen könnten die Sanktionen des Westens nicht ungelegen kommen. Er hat nun eine bequeme Ausrede dafür, dass Russlands Wirtschaft nicht mehr auf Touren kommen will. Sie ist nach wie vor sehr stark vom Export von Öl und Gas abhängig. Russland sei eine «riesige Tankstelle», spotten daher Kritiker. 

Angela Merkel, übernehmen Sie!

Nur eine schmale Elite profitiert vom Rohstoffreichtum, die breite Bevölkerung hat nichts davon. Zudem ist Putin jederzeit bereit, Milliarden für fragwürdige Prestigezwecke zu verschleudern, wie die Winterspiele in Sotschi gezeigt haben. Sie gelten als die teuersten aller Zeiten.   

Die Vorgänge auf der Krim verändern nicht nur die Weltwirtschaft, sondern auch die Geopolitik. Als Russlands wichtigster Handelspartner gewinnt Deutschland täglich an Bedeutung. Angela Merkel kümmert sich intensiv um Putin und steht mit ihm in regelmässigem Telefonkontakt.  

Dazu hat sie allen Grund. Deutschland bezieht einen Grossteil seines Erdgases aus Russland. Das hindert die Kanzlerin jedoch nicht daran, einen harten Kurs zu verfolgen. Sie gilt als Befürworterin von Sanktionen und soll erklärt haben, Putin habe die Realität aus den Augen verloren. 

Das Gasfeld Bowanenkowo des russischen Förderkonzerns Gazprom gehört zu den grössten Gaslagerstätten. 
Das Gasfeld Bowanenkowo des russischen Förderkonzerns Gazprom gehört zu den grössten Gaslagerstätten. Bild: EPA

Bewährungsprobe für die EU 

Für die EU wird die Krim-Krise zu einer Bewährungsprobe. Bisher konnte sich Brüssel aus globalen Konflikten heraushalten. Wenn es, wie etwa im Kosovo, brenzlig wurde, musste die Nato unter der Führung der USA eingreifen. Jetzt muss die EU Flagge zeigen und geschlossen gegen Russland auftreten. Vielleicht wird das auch eine Chance, Profil zu gewinnen. «Europa wird in Krisen geschmiedet», pflegte Jean Monnet, einer der EU-Gründungsväter, zu sagen.

Beunruhigend sind hingegen die Parallelen zum Ersten Weltkrieg: Wie im Sommer 1914 macht sich in Russland nationalistische Euphorie breit und verhilft dem Präsidenten zu einem Popularitätshoch. «Putin! Putin! Putin!», brüllten begeisterte Massen, als die überwältigende Zustimmung bei der Volksbefragung auf der Krim bekannt wurde.

«Alles ist Russland»

Erschreckend gar ist die Reaktion eines Teiles der russischen Intelligenz. Der TV-Moderator Dmitri Kiseljow prahlte mit der Atommacht Russland. Der greise Dichter und Regisseur Yury Lyudmilow, 72, schwärmt von einem Grossreich der Slawen und der Orthodoxen. «Alles ist Russland» rief er aus. «Grossrussland, Kleinrussland und Weissrussland.»

Möglicherweise wird dieses Säbelrasseln jedoch kontraproduktive Wirkung entfalten. Aussenpolitisch wird Putin zunehmend isoliert. Innenpolitisch ist die Wirkung von Chauvinismus flüchtig. Vor 100 Jahren hat die russische Bevölkerung auf die Kriegserklärung des Zaren Nikolaus II. ebenfalls enthusiastisch reagiert. Ein paar Wochen später wurde seine Armee bei Tannenberg von den Deutschen vernichtend geschlagen. Diese Niederlage war der Anfang des Endes der Zarenherrschaft.

Russische Gefangene nach der Schlacht bei Tannenberg.
Russische Gefangene nach der Schlacht bei Tannenberg.Bild: Wikipedia/Photos of the Great War
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