Wieder wurde es knapp nichts mit dem Luzerner Befreiungsschlag. Zwei Wochen nach dem unglücklichen 1:1 in Basel nach starker Leistung und diversen Paraden von FCB-Goalie Heinz Lindner führte in Bern ein Gegentreffer in den Schlusssekunden zu einem bitteren Remis beim Meister. Nicolas Moumi Ngamaleu drückte den Ball in der 94. Minute über die Linie für die Young Boys, die wegen einer Gelb-Roten Karte gegen Christopher Martins mehr als eine Halbzeit lang in Unterzahl spielten. Moumi Ngamaleu glich damit bei letzter Gelegenheit den Penaltytreffer von Marvin Schulz aus der 30. Minute aus.
Es war ein weiterer Tiefschlag für die personell schwer gebeutelten Luzerner, die sich Zählbares mit einer spielerisch wie kämpferisch starken Leistung verdienten. Ein Sieg wäre aber ein zu guter Lohn gewesen. Trotz langer Überzahl drängte YB, das in speziellen Trikots auflief, um auf eine Kampagne zur Förderung der psychischen Gesundheit («Wie geht's dir?») aufmerksam zu machen, nach dem Gegentor vehement und fast permanent auf den Ausgleich.
Dieser Ausgleich hätte schon kurz nach dem 0:1 gelingen müssen, als Jordan Siebatcheu aus sechs Metern verzog, und er wäre bereits nach 55 Minuten gelungen, hätte sich der VAR nicht eine fatale Fehleinschätzung geleistet. Christian Fassnachts Tor wurde wegen eines angeblichen Abseits von Assistent Moumi Ngamaleu nachträglich aberkannt. Weil der Ball aber vom grätschenden Luzerner Jordy Wehrmann zum Berner kam, hätte der Treffer zählen müssen.
Trotz namhafter Transfers im Sommer steht Luzern damit nach zehn Runden der laufenden Meisterschaft nach wie vor ohne Sieg da. Warum sich die Führung noch nicht vom Trainer Fabio Celestini trennen wollte, zeigte die Mannschaft vor der Länderspielpause vor zwei Wochen, als sie den FC Basel in dessen Stadion trotz zahlreicher Absenzen über eine längere Phase geradezu dominierte und mit dem 1:1 schlecht belohnt wurde. In Bern zerschlugen sich weitere gewichtige Argumente in der 94. Minute.
Young Boys - Luzern 1:1 (0:1)
26'336 Zuschauer. - SR Horisberger.
Tore: 30. Schulz (Foulpenalty) 0:1. 94. Moumi Ngamaleu (Mambimbi) 1:1.
Young Boys: Von Ballmoos; Hefti (46. Maceiras), Bürgy (71. Lefort), Lauper, Garcia (71. Kanga); Fassnacht (86. Mambimbi), Aebischer, Martins, Moumi Ngamaleu; Elia, Siebatcheu (46. Sierro).
Luzern: Vasic; Grether, Burch, Schulz, Sidler; Wehrmann, Gentner, Ugrinic; Campo; Sorgic, Cumic (67. Tasar).
Bemerkungen: Young Boys ohne Camara, Touré (beide gesperrt), Zesiger, Nsame, Lustenberger, Faivre, Petignat und Monteiro (alle verletzt). Luzern ohne Badstuber (krank), Müller, Ndiaye, Frydek, Farkas und Alabi (alle verletzt). 39. Gelb-Rote Karte gegen Martins (Foul). Verwarnungen: 29. Martins (Foul). 41. Fassnacht (Reklamieren). 73. Ugrinic (Foul). 79. Von Ballmoos (Foul). 81. Grether (Foul). 86. Sierro (Foul).
Der FC Zürich macht dort weiter, wo er vor der Länderspielpause aufgehört hat: mit einem Heimsieg. Das 1:0 gegen das zuvor viermal in Folge unbesiegte Lugano ist verdient. Mindestens bis zum Ende des Spiels Sion vs. Basel vom Sonntagnachmittag ist der FC Zürich abermals Leader der Super League.
Der unter Trainer André Breitenreiter ganz erwachte Assan Ceesay erzielte in der 77. Minute nach einer wunderbaren langen Vorlage von Antonio Marchesano aus dem Lauf mit einem platzierten Vollristschuss sein achtes Saisontor in der Meisterschaft. Die Tessiner hatten darauf keine Antwort parat, dennoch hätten Jonathan Sabbatini in der Nachspielzeit bei einer eher zufällig wirkenden Aktion beinahe ausgeglichen.
Für Breitenreiters Antipoden Mattia Croci-Torti war es nach zwei Unentschieden und zwei Siegen die erste Niederlage. Die defensive Grundausrichtung der Luganeser Mannschaft zahlte sich diesmal nicht aus. Mit der Dauer des Spiels liess sich die Tessiner Abwehr immer öfter in Verlegenheit bringen. Das Gegentor kündigte sich Mitte der zweiten Halbzeit an.
Die Zürcher spielten längst nicht so spektakulär wie beim vorangegangenen 6:2-Sieg gegen Sion. Dafür aber gewährten sie den Luganesi keine Handvoll gefährliche Angriffe. Unter André Breitenreiter ist in der Mannschaft eine Ordnung, wie sie in der letzten Saison nicht zu erkennen war. Mit diesem Vorzug und der Torgefährlichkeit, die sie in jedem Spiel kreieren, sind die Zürcher tatsächlich unter die besten Mannschaften der Liga einzureihen.
Am gefährlichsten wurde es in der ersten Hälfte bei einer Standardsituation. Antonio Marchesano hätte nach 36 Minuten mit einem Freistoss exakt ins Lattenkreuz getroffen, hätte nicht Goalie Sebastian Osigwe eine hervorragende Parade gezeigt. Die allerbesten Szenen vor dem 1:0 hatten die Zürcher Mitte der zweiten Halbzeit. Ceesay verpasste das Tor mit einem Kopfball um Zentimeter, und der kurz vorher eingewechselte Ante Coric zwang Goalie Sebastian Osigwe zu einer blendenden Parade.
Zürich - Lugano 1:0 (0:0)
7325 Zuschauer. - SR San.
Tor: 77. Ceesay (Marchesano) 1:0.
Zürich: Brecher; Omeragic (90. Kamberi), Kryeziu, Aliti; Boranijasevic, Doumbia, Krasniqi (64. Gnonto), Guerrero; Dzemaili (64. Coric); Marchesano (83. Hornschuh), Ceesay.
Lugano: Osigwe; Hajrizi (81. Mahmoud), Daprelà, Ziegler, Facchinetti (81. Yuri); Custodio (81. Phelipe); Lavanchy, Sabbatini, Lovric; Celar (64. Amoura), Abubakar (76. Lungoyi).
Bemerkungen: Zürich ohne Tosin, Kramer, Leitner und Khelifi (alle verletzt). Lugano ohne Bottani, Baumann, Maric, Guidotti und Alexander Muci (alle verletzt). Verwarnungen: 51. Ceesay (Foul), 69. Hajrizi (Reklamieren), 91. Gnonto (Foul). (pre/sda)