Wer diese Jungs denn seien, für welche sie auf Wunsch des Fotografen die Sitzbank räumen müsse, erkundigt sich eine ältere Frau. «Denis Malgin und Pius Suter, zwei Talente der ZSC Lions», klärt der Journalist auf. «Ach», entgegnet die Frau, «noch nie von den beiden gehört.»
Malgin und Suter lächeln verschmitzt. Wer sich auf die Statur dieser beiden Hockey-Begabten konzentriert, rechnet wahrlich nicht mit Spielern von NLA-Format. «Das sind doch noch Buben», schiebt die Frau ungläubig nach. Nicht wirklich.
Pius Suter verblüfft mit seiner Antriebsstärke, seiner Willigkeit und der damit verbundenen Durchschlagskraft. 13 Punkte sammelte der 19-Jährige in bisher 23 Auftritten. Dass dem Stürmer ein so formidabler Einstand im Löwen-Dress gelingen sollte, hatte niemand erwartet.
Vor zwei Jahren lockte Guelph Storm Pius Suter nach Kanada. In der Ontario Hockey League, eine der drei nordamerikanischen Top-Juniorenligen, sollte er den nächsten Schritt machen. Während er bei einer Gastfamilie wohnte und seine sprachlichen Defizite aus der Welt räumte, integrierte sich Suter in einem intakten Team.
Guelph wird Meister. Siegesparade durch die Stadt, nationale TV-Stationen vor Ort, das ganze Programm. Suter entfaltete sich länger je mehr. Auch, weil mit Phil Baltisberger ein Bekannter aus Zürcher Nachwuchszeiten in Guelph verteidigte. Im zweiten Jahr wird Suter gar sechstbester Torschütze der Liga. Dies schien Argument genug, um im Sommer von einer NHL-Organisation gedraftet zu werden. Doch eine Ziehung blieb aus. Suters grosser Traum erlitt einen Dämpfer.
Darum entschied sich der Zürcher, in diesem Sommer in die Schweiz zurückzukehren. «Der Kontakt mit den Lions riss nie ab, Sportchef Edgar Salis kam mich in Guelph besuchen, und auch an der U20-Weltmeisterschaft führten wir Gespräche», sagt Suter. Einst spielte er mit Denis Malgin, Jonas Siegenthaler und Co. bei den Nachwuchslöwen. Nun will er im Erwachsenenhockey seine Tauglichkeit beweisen.
In einer vergleichbaren Phase der Konsolidierung befindet sich auch Denis Malgin. Im vergangenen Jahr fand man seinen Namen auf den Notizblöcken der NHL-Scouts. In der NLA sorgte er aus dem Nichts für Furore, er wirbelte für die Schweiz an der U20-WM in Toronto und an der U18-WM in Zug, und auch in den NLA-Playoffs setzte ihn ZSC-Coach Marc Crawford kompromisslos in Szene. Konsequenterweise durfte der 18-Jährige Ende Saison den Award des «Youngster of the year» entgegennehmen. Dies alles führte im Sommer dazu, dass sich die Florida Panthers die Rechte am Solothurner sicherten. Malgin wird in der 4. Runde des NHL-Drafts als Nummer 102 gezogen.
«Florida ist ein junges Team, das sich im Umbruch befindet. Sie setzten auf spielerisch starke Typen, das kommt mir entgegen», sagt Malgin. «In erster Linie bin ich froh, überhaupt gedraftet worden zu sein. Ob nun in Runde eins oder sieben ist nebensächlich. Beweisen muss ich mich sowieso.» Doch die NHL dominiert Malgins Gedanken noch nicht.
Weil der Kampf um einen Stammplatz bei den ZSC Lions der härteste der gesamten Liga ist, entschied sich Malgin, nicht am Trainingscamp der Panthers teilzunehmen. «Ich werde nächstes Jahr angreifen.» Gegenwärtig hat die Erfolgswelle, auf der Malgin reitet, ein wenig an Schwung verloren. Der Start in die Saison war zwiespältig, in 18 Partien bucht er lediglich sechs Punkte. Marc Crawford beorderte den 18-Jährigen gar zurück zu den GCK Lions in die NLB. «Ich war traurig, wurde Opfer des knallharten Business.»
Mittlerweile spielt Malgin wieder im Hallenstadion. «Auch wenn die Punkteausbeute nicht zufriedenstellt, immerhin erarbeite ich mir Chancen», sagt der Stürmer. Coach Crawford sucht nun häufiger das Gespräch mit seinem Nachwuchslöwen. «Er zeigt mir auf, was nicht ideal war und bietet mir Lösungsansätze an.»
Dass Suter und Malgin langfristig mit der NHL liebäugeln, ist offenkundig. Wege in die Topliga gibt es viele. Zum einen über die erstklassigen Juniorenligen, wo sich beispielsweise einst Nino Niederreiter die Gunst der NHL-Teams erspielte. Zum anderen ist auch ein direkter Sprung aus der schweizerischen NLA kein Novum mehr, als Paradebeispiel gilt Roman Josis Wechsel von Bern nach Nashville.
«Ein Patentrezept gibt es aber nicht», erklärt Suter. Auch Malgin verweist darauf, dass individuell nach der besten Lösung gesucht werden muss. Für beide scheint der Weg über die NLA vorerst der beste. «Hier spielen wir gegen Erwachsene, werden physisch mehr gefordert», meint Suter.
Für beide ist klar: Sie lassen sich Zeit. Die persönliche Entwicklung ist für die Talente entscheidend, nicht die externe Kategorisierung.
Im Dialog gibt sich das Duo zahm, fast wie es ihre Statur vermuten lässt. Doch auf dem Eis personifizieren sie das Signet ihres Vereins: einen bissigen Löwen.