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100'000 Soldaten für die Schweizer Armee – und das Volk hat dazu nichts zu sagen 

Verteidigungsminister Ueli Maurer während der Debatte über die Armeereform: Er hatte einst als SVP-Parteipräsident kritisiert, dass das Volk sich nicht zum Armeebestand äussern kann. Auch jetzt war ih ...
Verteidigungsminister Ueli Maurer während der Debatte über die Armeereform: Er hatte einst als SVP-Parteipräsident kritisiert, dass das Volk sich nicht zum Armeebestand äussern kann. Auch jetzt war ihm unwohl beim Entscheid der Ständeräte.Bild: KEYSTONE

100'000 Soldaten für die Schweizer Armee – und das Volk hat dazu nichts zu sagen 

Über die Zahl der Soldaten in der Schweizer Armee soll nicht das Volk, sondern das Parlament entscheiden. Der Ständerat will einen zentralen Eckwert der Militärreform dem Referendum entziehen.
20.03.2015, 06:2420.03.2015, 10:26
Lorenz Honegger / Aargauer Zeitung
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Aargauer Zeitung

Wie viele Angehörige soll die Armee haben? Geht es nach dem Ständerat, hat das Stimmvolk bei dieser Frage kein Mitspracherecht. 

Die kleine Kammer beschloss bei der gestrigen Debatte zur «Weiterentwicklung der Armee», die Höhe des Armeebestandes in einer Parlamentsverordnung zu regeln und damit dem Referendum zu entziehen. 

Die Zahl von 100'000 Soldaten, die im Bundeshaus seit Jahren für hitzige Diskussionen sorgt, soll also nicht zum Gegenstand einer Volksabstimmung werden.

Nicht sonderlich wohl bei dem Entscheid war es Verteidigungsminister Ueli Maurer. Unter seiner Führung als Parteipräsident hatte die SVP bei der letzten grossen Armeereform XXI gegen das gleiche Vorgehen lauthals protestiert.

Sie bemängelte, wichtige Eckwerte wie der Armeebestand müssten zwingend im Gesetz festgeschrieben werden und «der demokratischen Kontrolle des Volkes unterstehen». Als Maurer gestern die 46 Ständeräte daran erinnerte, dass der Weg am Volk vorbei bei der Diskussion über die Armee XXI «beanstandet, bemängelt und heftig kritisiert wurde», blieben die Reaktionen jedoch aus. Die Meinungen waren gemacht. 

Ständerat Alex Kuprecht argumentiert mit der Flexibilität: Im Notfall müsste der Armeebestand rasch erhöht worden können.
Ständerat Alex Kuprecht argumentiert mit der Flexibilität: Im Notfall müsste der Armeebestand rasch erhöht worden können.Bild: KEYSTONE

«Politisch falsch»

SVP-Ständerat Alex Kuprecht (SZ), Präsident der sicherheitspolitischen Kommission, verteidigte den brisanten Entscheid der kleinen Kammer im Anschluss an die Debatte gegenüber der «Nordwestschweiz». «Wenn wir den Armeebestand in einer sicherheitspolitisch brenzligen Lage schnell und flexibel erhöhen müssen, können wir nicht noch eine Referendumsfrist abwarten.» Deshalb sei es besser, den Eckwert auf Verordnungsstufe zu regeln.

Ob es dabei bleibt, hängt nun vom Nationalrat ab, der voraussichtlich in der Sommersession über die Militärreform befindet. SP-Sicherheitspolitikerin Evi Allemann (BE) sagt, den Armeebestand in einer Parlamentsverordnung zu regeln, sei «angesichts der politischen Dimension falsch».

«Ich sehe keinen Grund, warum man dies nicht auf Gesetzesstufe festlegen soll.» Das Argument der bürgerlichen Parteien, eine Lösung ohne Referendum biete mehr Flexibilität, sei haltlos. «Von Flexibilität kann im parlamentarischen Prozess keine Rede sein. Wenn man wirklich Flexibilität wollte, müsste man die Festlegung des Bestandes dem Bundesrat überlassen», so Allemann. 

Jetzt auf

GSoA und Giardino drohen

Auch stramm bürgerliche Nationalräte zweifeln, ob bei einer allfälligen Volksabstimmung ausgerechnet die Anzahl der Armeeangehörigen ausgeklammert werden soll. «Diese Frage ist noch nicht entschieden», sagt SVP-Nationalrat Hans Fehr (ZH). «Das Volk sollte sich zu den zentralen Eckwerten der Reform äussern können.» Fehr selber plädiert für einen Bestand von 140'000 Armeeangehörigen und ist überzeugt: «Wenn man dies den Menschen plausibel erklärt, werden wir die Abstimmung gewinnen.» 

Dass es tatsächlich zu einer Abstimmung über die «Weiterentwicklung der Armee» kommt, ist allerdings noch nicht sicher. Doch sowohl die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) als auch die sicherheitspolitisch konservative Gruppe Giardino haben in den letzten Monaten schon mehrfach mit einem Referendum gedroht.

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