105 Tage ist Martin Pfister im Amt. Die Herausforderungen für den neuen Verteidigungsminister sind gewaltig: Er muss sich mit dem Ukraine-Krieg, der ungeklärten Finanzierung des Armeeausbaus und mit zahlreichen Beschaffungsprojekten in Schieflage herumschlagen. Jüngstes Beispiel: die drohenden Mehrkosten in Milliardenhöhe für den neuen F-35-Kampfjet.
Pfister hat von seiner Vorgängerin und Parteikollegin Viola Amherd nicht nur riesige Baustellen und Altlasten geerbt. Er hat in der Schaltzentrale des Verteidigungsdepartements VBS auch die Equipe der Walliserin übernommen.
Nun kommt es dort zu einem prominenten Abgang. Der Stabschef des Generalsekretariats, Davide Francesco Serrago, hört per September auf, wie das Departement auf Anfrage bestätigt. Der Abgang erfolge «auf eigenen Wunsch». Serrago nehme eine neue Herausforderung in der Privatwirtschaft an.
Interne Quellen sprechen jedoch von Spannungen zwischen Serrago und VBS-Generalsekretär Daniel Büchel. Es sei zu einem «Machtkampf» gekommen, den Serrago verloren habe.
Nach Publikation dieses Artikels am Mittwochmorgen meldet sich die Medienstelle des Verteidigungsdepartements bei CH Media. Die Darstellung der Gründe für Serragos Abgang sei «schlicht und einfach falsch», hält das VBS fest.
Serrago habe schon Ende 2024 angekündigt, dass er sich beruflich neu orientieren wolle. Ursprünglich habe er seine Kündigung im Januar einreichen wollen, wegen der damaligen Rücktrittsankündigung von Bundesrätin Viola Amherd aber zugewartet. um zu einer geordneten Amtsübergabe an Martin Pfister beizutragen.
Der Werdegang des Oltners ist von seinem katholischen Glauben geprägt. Er diente über vier Jahre in der Schweizergarde im Vatikan und hat einen Abschluss der Päpstlichen Lateranuniversität in Rom. Heute ist er Präsident des Fördervereins «Freunde der Schweizergarde».
Serrago arbeitet seit 2010 für das Verteidigungsdepartement. Ab 2017 sass er in der Geschäftsleitung des Generalsekretariats und war dort für die Bereiche Strategie, Führungsunterstützung und Recht zuständig. Zusätzlich kommandiert Serrago als Oberstleutnant* im Generalstab das 2022 neu geschaffene Cyber Bataillon 42 – ein Prestigeprojekt des per Ende Jahr abtretenden Armeechefs Thomas Süssli.
Der Abgang Serragos ist nicht der erste in der jungen Ära von Verteidigungsminister Pfister. Rochaden unter einem neuen Departementsvorsteher sind nicht unüblich. Im VBS betreffen sie vor allem langjährige Amherd-Vertraute mit Verbindungen zum Wallis und zur ehemaligen CVP (heute: Die Mitte).
Bereits acht Tage nach seiner Amtsübernahme kommunizierte Pfister mehrere Personalien. Amherds persönlicher Mitarbeiter Daniel Floris, ein Walliser CVP-Parteigänger, wurde verabschiedet.
Zudem strukturierte Pfister das VBS-Generalsekretariat um und stärkte mit Blick auf die komplexen Beschaffungen das Projektmanagement. An die Spitze dieser neuen Abteilung berief er Robert Scheidegger. Dieser war zuvor bei der Eidgenössischen Finanzkontrolle für die Prüfung des Verteidigungsdepartements zuständig.
Immer wieder hatten Scheidegger und sein Team in Berichten schwere Mängel bei Beschaffungsprojekten des VBS kritisiert. Etwa den angeblich mit den USA vereinbarten «Fixpreis» für den neuen F-35-Kampfjet, der sich nun als Illusion erwiesen hat.
Im Rahmen dieser Umstrukturierung schob Pfister auch Roger Michlig, den langjährigen Amherd-Vertrauten und ehemaligen Präsidenten der Oberwalliser CVP, ins Staatssekretariat für Sicherheitspolitik ab.
Noch ausstehend sind die zwei wichtigsten Personalentscheide: Pfister muss einen neuen Chef der Armee und einen neuen Direktor oder eine neue Direktorin des Nachrichtendienstes des Bundes NDB ernennen.
Wie die NZZ kürzlich berichtete, soll die Nachfolge für den scheidenden NDB-Direktor Christian Dussey nach den Sommerferien geregelt werden. Mehr Zeit braucht es für den neuen Armeechef. Laut NZZ sind nur wenige Bewerbungen eingegangen. Zu den Favoriten sollen Korpskommandant Laurent Michaud und Divisionär Raynald Droz gehören.
* In einer früheren Version des Artikels hiess es, Davide Francesco Serrago sei Oberst im Generalstab. Er hat jedoch den Rang eines Oberstleutnant im Generalstab. Wir bitten um Entschuldigung für den Fehler.