Gesellschaft & Politik

Fast alle Opfer nach Grubenunglück gefunden – Erdogan unter Druck

Angehörige trauern um Minenarbeiter, die bei dem Unglück ums Leben kamen.
Angehörige trauern um Minenarbeiter, die bei dem Unglück ums Leben kamen.Bild: EPA/EPA
Drama in Soma

Fast alle Opfer nach Grubenunglück gefunden – Erdogan unter Druck

16.05.2014, 18:5817.05.2014, 17:20
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Die meisten Opfer des verheerenden Grubenunglücks in der Türkei sind nach Angaben der Regierung inzwischen gefunden worden. Energieminister Taner Yildiz spricht – drei Tage nach der Katastrophe – von noch 18 vermissten Männern.

Das gehe aus Aufzeichnungen des Minenbetreibers und der Familien hervor. Rund 500 Rettungskräfte waren am Freitag in Soma weiter im Einsatz, um die letzten verschütteten Bergleute aus der Kohlegrube zu bergen. Für diese gab es praktisch keine Überlebenschancen mehr. Die Zahl der gefundenen Toten stieg auf 284.

Die Kumpels, die überlebt haben, klagen den Grubenbetreiber an. Er habe die Sicherheit vernachlässigt.
Die Kumpels, die überlebt haben, klagen den Grubenbetreiber an. Er habe die Sicherheit vernachlässigt.Bild: EPA/EPA

Ein Grossaufgebot von Staatsanwälten soll nun nach Schuldigen suchen. Der Hohe Rat der Richter und Staatsanwälte habe als oberstes Aufsichtsgremium 28 Ankläger auf den Fall angesetzt, berichteten türkische Fernsehsender am Freitag. Die türkische Regierungspartei AKP wolle das Unglück vom Parlament untersuchen lassen, meldete die Nachrichtenagentur Anadolu.

War Grubenunglück kalkuliert?

Die Katastrophe in Soma ist das schwerste Bergwerksunglück in der Geschichte der Türkei. Nach Angaben der Betreibergesellschaft Soma Holding wurden 450 Kumpels lebend gerettet. Zusammen mit den Toten und den 18 Vermissten hätten sich demnach maximal 752 Arbeiter in dem Bergwerk aufgehalten. Zunächst hatte der Energieminister von 787 Bergleuten gesprochen.

Umkleidekabine und Ausrüstungslager der Grube.
Umkleidekabine und Ausrüstungslager der Grube.Bild: X01258

Der Betreiber des Bergwerks in Soma verteidigte sich erneut gegen Vorwürfe, in der Grube seien Sicherheitsstandards missachtet worden. «Es gibt keinerlei Versäumnis auf unserer Seite», sagte Generaldirektor Akin Celik. Das Unglück sei durch die Explosion von Kohlestaub verursacht worden – nicht durch einen explodierenden Trafo wie zunächst angegeben.

Soma-Firmenchef Alp Gürkan sprach von einer «unglaublichen Tragödie». Kritiker werfen ihm vor, die Rentabilität der Kohlegrube auf Kosten der Arbeitssicherheit gesteigert zu haben. 2012 hatte Gürkan sich damit gebrüstet, die Produktionskosten seit deren Privatisierung von 130 Dollar auf 24 Dollar pro Tonne gesenkt zu haben.

Die türkische Regierung wird kritisiert, weil sie schärfere Sicherheitskontrollen verhindert haben soll. (oku/sda)

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