Nebel
DE | FR
International
USA

Hier anerkennt Donald Trump Jerusalem als Hauptstadt – Hamas reagieren heftig

President Donald Trump holds a proclamation to recognize Jerusalem as the capitol of Israel in the Diplomatic Reception Room of the White House, Wednesday, Dec. 6, 2017, in Washington, as Vice Preside ...
Jetzt ist es offiziell: Donald Trump anerkennt Jerusalem als Hauptstadt von Israel.Bild: AP/AP

Trump erkennt Jerusalem als Hauptstadt von Israel an – Hamas reagiert heftig 

06.12.2017, 19:1306.12.2017, 23:16
Mehr «International»

Die USA erkennen Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels an und wollen ihre Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen. Das verkündete US-Präsident Donald Trump am Mittwoch in einer Ansprache in Washington. Er werde das US-Aussenministerium anweisen, sofort mit den Vorbereitungen für die Botschaftsverlegung zu beginnen.

Trump bezeichnete seine Entscheidung, die schon im Vorfeld Furcht vor einem neuen Flächenbrand im Nahen Osten ausgelöst hatte, als «lange überfälligen Schritt». Dadurch solle der Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern vorangebracht werden.

Allerdings stellt der Beschluss des US-Präsidenten einen Tabu-Bruch dar. Der Status von Jerusalem ist einer der grössten Streitpunkte im Nahost-Konflikt.

Standpunkt der internationalen Gemeinschaft ist deshalb, dass der Status der Stadt nur in Friedensgesprächen zwischen Palästinensern und Israelis geklärt werden kann. Die Palästinenser reklamieren den Ostteil von Jerusalem als künftige Hauptstadt ihres angestrebten eigenen Staates.

EDA informiert am Donnerstag
Das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) teilte auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda mit, es habe die Entscheidung der USA zur Kenntnis genommen, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Die Schweizer Reaktion darauf werde der Geschäftsträgerin der US-Botschaft in Bern am Donnerstagmorgen mitgeteilt. Nach diesem Treffen werde auch die Öffentlichkeit über die offizielle Stellungnahme der Schweiz informiert.

Trump betonte jedoch, dass seine Entscheidung das Engagement seines Landes für einen «dauerhaften Frieden» im Nahen Osten nicht in Frage stelle. Seine Regierung beziehe damit keine Position dazu, wie am Ende die «genauen Grenzen der israelischen Souveränität» im Stadtgebiet von Jerusalem aussehen sollten. Die Grenzstreitigkeiten seien eine Angelegenheit, die zwischen Israelis und Palästinensern geklärt werden müsse.

Israel hatte 1967 während des Sechs-Tage-Krieges den arabisch geprägten Ostteil der Stadt erobert und später annektiert. Es beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt. Dieser Anspruch wird international nicht anerkannt. Unter anderem erkennt die UNO nicht ganz Jerusalem als Israels Hauptstadt an.

Die bereits zuvor von hochrangigen Regierungsvertretern angekündigte Entscheidung des Weissen Hauses hat mit Ausnahme von Israel in vielen Ländern der Welt teils scharfen Protest hervorgerufen.

Israel begrüsst Entscheidung

«Die US-Unterstützung für Israel ist sehr stark, die Kurve steigt immer weiter an», sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Auch Präsident Reuven Rivlin begrüsste die Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt durch Trump. «Es gibt kein passenderes oder schöneres Geschenk, jetzt wo wir uns 70 Jahren Unabhängigkeit des Staates Israel nähern», sagte Rivlin am Mittwochabend.

Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas hingegen verurteilte Trumps Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Saeb Erakat, warf Trump die Zerschlagung der Zwei-Staaten-Lösung vor.

Hamas: Kriegserklärung

Auch die radikal-islamische Palästinenserorganisation Hamas verurteilte die Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt durch Trump. «Trumps Entscheidung (...) wird die historischen und geografischen Fakten nicht verändern», sagte Hamas-Chef Ismail Hanija am Mittwochabend. Andere Hamas-Führungsmitglieder bezeichneten Trumps Entscheidung als Kriegserklärung. Der US-Präsident habe mit seinem Entscheid «das Tor zur Hölle» geöffnet.

Vor allem die arabischen Nachbarn Israels reagierten empört. «Diese Massnahme ist ein Schlag für die arabisch-amerikanischen Beziehungen und für die amerikanische Rolle als Vermittler zwischen Palästinensern und Israelis. Sie erschüttert das Vertrauen der Araber in die Neutralität der Amerikaner», sagte Ahmed Abu al-Ghait, Generalsekretär der Arabischen Liga. Die Arabische Liga berief für Samstag eine Dringlichkeitssitzung in Kairo ein.

UNO pocht auf Zwei-Staaten-Lösung

UNO-Generalsekretär António Guterres betonte die Notwendigkeit einer Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten. «Es gibt keinen Plan B», sagte Guterres am Mittwoch in New York kurz nach Trumps Ankündigung. «Ich habe mich immer wieder gegen einseitige Massnahmen ausgesprochen, die die Aussichten auf einen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern gefährden würden», sagte Guterres.

Der endgültige politische Status Jerusalems müsse durch direkte Verhandlungen beider Seiten auf Grundlage von UNO-Resolutionen beschlossen werden, sagte Guterres. Auch der Papst äusserte sich kritisch. Ein Sprecher des Kremls in Moskau äusserte sich ebenfalls besorgt.

Berlin und Paris distanzieren sich

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel distanzierte sich von der Entscheidung Trumps. «Die Bundesregierung unterstützt diese Haltung nicht, weil der Status von Jerusalem im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung auszuhandeln ist», schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert.

Und der französische Präsident Emmanuel Macron sagte während eines Besuches in der algerischen Hauptstadt Algier: «Diese Entscheidung verletzt internationales Recht und alle UNO-Resolutionen.» Er rief zu Ruhe und Dialog auf.

Erdogan will Beziehungen abbrechen

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte den USA offen: «Herr Trump, Jerusalem ist die rote Linie der Muslime», sagte er. «Das kann soweit gehen, dass wir unsere diplomatischen Beziehungen zu Israel abbrechen.» Erdogan lud Vertreter arabischer Staaten für Mittwoch kommender Woche zu einem Gipfel in Istanbul ein.

Mehrere palästinensische Gruppierungen haben aus Empörung über die US-Entscheidung von Mittwoch an zu drei «Tagen des Zorns» aufgerufen.

In der Nähe von Bethlehem kam es zu einer Konfrontation zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten. In Bethlehem hatten Demonstranten schon am Dienstagabend Bilder von Trump verbrannt. In Gaza zündeten am Mittwoch hunderte Demonstranten Trump-Bilder und US-Flaggen an. (cma/sda/afp/dpa/reu)

Video des Tages: Wenn Hockey-Vereine beim Samichlaus wären

Video: watson/Angelina Graf
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet um die Zahlung abzuschliessen)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
90 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
knip
06.12.2017 19:23registriert Dezember 2017
Mitunter eine der unüberlegtesten und dümmsten Handlungen in seiner bisherigen Amtszeit. Trump beweist mit dieser Entscheidung seine Unfähigkeit und politische Inkompetenz. Die von den Hamas getöteten Menschen der kommenden Tagen, Wochen und Jahren gehen zum Teil auf Trumps Konto!
38073
Melden
Zum Kommentar
avatar
tomdance
06.12.2017 19:26registriert Januar 2014
Was für ein intellektuelles Leichtgewicht, dieser Trump.
30547
Melden
Zum Kommentar
avatar
NWO Schwanzus Longus
06.12.2017 21:30registriert November 2015
Die Arabischen Länder verraten die Palästinenser seit Jahrzehnten. Sie tun absolut gar nichts für sie. Palästinenser dürfen sich nicht mal frei bewegen in Golfstaaten. Sie sollen nicht so tun als wären sie empört. Sie würden einen Scheinfrieden nehmen nur um dann öffentlich mit Israel gegen den Iran vorgehen zu können. Sie sind Verräter!
946
Melden
Zum Kommentar
90
Schröder lobt Scholz für Nein zu Taurus und bezeichnet ihn als «Friedenskanzler»

Altkanzler Gerhard Schröder hat sich hinter das Nein von Bundeskanzler Olaf Scholz zur Lieferung von Taurus-Raketen in die Ukraine und die grundsätzliche Absage an eine Entsendung von Bodentruppen gestellt. «Ich finde, Olaf Scholz macht das, was ich von einem deutschen Bundeskanzler zurzeit erwarten würde», sagte der frühere SPD-Chef Schröder der Deutschen Presse-Agentur. Gleichzeitig forderte er eine deutsch-französische Initiative für Verhandlungen über eine Konfliktlösung in der Ukraine.

Zur Story