Die mit 15 Menschen besetzte Gondel in Stresa am Lago Maggiore stürzte kurz vor der Bergstation in die Tiefe, weil das Zugseil der Gondel aus bislang ungeklärter Ursache riss und ein deaktiviertes Notbremssystem am Tragseil nicht griff. Die Kabine raste talwärts, krachte gegen eine Stütze, sprang aus der Verankerung und zerschellte schliesslich an dem steilen, bewaldeten Hang.
Nur ein kleiner Junge überlebte das Unglück. Seine Eltern, sein Bruder und seine Urgrosseltern starben. Wenige Tage nach dem Absturz wurden in einer nächtlichen Aktion drei Männer festgenommen. Es handelte sich um den Chef der Seilbahngesellschaft sowie zwei leitende Mitarbeiter. Die ermittelnde Staatsanwältin sowie die Untersuchungsrichterin in der Gemeinde Verbania verhörten die Männer.
Der Verdacht der Ermittler: An der Gondel wurde mit Hilfe einer Klammer das Greifen der Notbremse verhindert, weil es vorher immer wieder zu Störungen im Betrieb der Seilbahn gekommen war. Die Klammer darf eigentlich nur zu Wartungszwecken, aber niemals im Normalbetrieb verwendet werden, hiess es von der Firma Leitner, die gemäss eines Vertrages für Wartungen an der Seilbahn Stresa-Monte Mottarone zuständig ist.
Wie das ZDF nun berichtet, könnten die Notbremsen der Gondeln bereits seit Jahren manipuliert worden sein. Dies legen zumindest Videoaufnahmen eines Schweizer Hobbyfilmers nahe.
Der Hobbyfilmer und Seilbahn-Fan Michael Meier nahm aus technischem Interesse die Anlage in den Jahren 2014, 2016 und 2018 auf. Auf allen drei Videos seien die Klammern (ital. Forchettone) zu erkennen, welche eigentlich nur für Wartungszwecke der Bahn bestimmt sind. Meier lud auf Youtube einen Zusammenschnitt der entsprechenden Stellen hoch – das ZDF nahm daraufhin Kontakt mit ihm auf.
Der Hobbyfilmer sagte gegenüber dem ZDF, dass er nach dem Unglück am Pfingstsonntag sein Material erneut durchging und die Klammern entdeckte: «Mir ist dann aufgefallen, dass auf diesen Fotos diese Forchettone schon zu sehen sind. Schon im Jahr 2014 wurden diese Forchettone mit Personen in der Kabine eingesetzt.»
Das ZDF wollte dem genauer nachgehen und fragte beim Schweizer Seilbahn-Experte Gabor Oplatka nach. Dieser leitete über viele Jahre den Bereich Seilbahntechnik an der ETH Zürich. Sein Schluss:
Der hauptverdächtige Techniker räumte ein, im April und Mai 2021 diese Klammern eingesetzt zu haben – die Fangbremse habe seit der Wiederinbetriebnahme am 26. April Probleme bereitet. Das ZDF überreichte die Videoaufnahmen dem Büro der zuständigen Staatsanwaltschaft, sie will diese nun überprüfen.
(jaw/sda)
Und irgendein „sympathischer“ Inspektor hat die Bahn ja sicher jeweils mit einem zugedrückten Auge als gut gewartet abgenommen.
Mit viel Zweckoptimismus und guter Hoffnung geht es ja schon meistens irgendwie immer wieder gut!
Bis es eben kracht.
Es ist zu hoffen, dass andere Bahnen jetzt aber schleunigst ihre Wartungsarbeiten ohne Wenn und Aber in Ordnung bringen!
Was ist eigentlich mit der anderen Kabine passiert? Die muss ja ebenfalls ungebremst in die Talstation gedonnert sein, auch wenn nicht über eine lange Beschleunigungsstrecke. War die unbesetzt?