«Die Hotelzimmer sind dein Reich, das Hotel deine Bühne» mit diesen Worten preist der Unternehmensverband HotellerieSuisse die Grundausbildung zur Hotelfachfrau oder zum Hotel-Kommunikationsfachmann an.
Doch diese Worte scheinen bei den Jugendlichen immer weniger anzukommen. Die Branche kämpft mit Nachwuchsproblemen. «So etwas habe ich noch nie erlebt. Wir haben je nach Landesteile 20 bis 40 Prozent weniger abgeschlossene Lehrverträge als noch in vergangenen Jahren», sagt Urs Masshardt, Geschäftsleiter der Hotel & Gastro Union. «Der Rückgang ist tragisch.»
Gründe dafür gäbe es einige. Allen voran die Corona-Pandemie: «Die Branche hat stark gelitten und die Unsicherheit ist gross, auch bei den Eltern, die ihrem Nachwuchs aktuell vielleicht eher zu einer anderen Ausbildung raten.»
Auch beim Branchenverband HotellerieSuisse spürt man die Zurückhaltung der Lernenden. «Die Berufsausbildungen haben grundsätzlich ein gutes Image. Aber die Coronakrise hat zu einer gewissen Verunsicherung geführt», so Fachspezialistin Karin Sieber.
Ähnlich klingt es auch beim Zürcher Amt für Jugend und Berufsberatung. «Wir können diese Verunsicherung bei den Lehrstellensuchenden bestätigen», sagt die Leiterin des Fachbereichs Berufsberatung Christine Viljehr. «Obwohl sich die Branche nun langsam wieder zu erholen beginnt, ist weiterhin Zurückhaltung da, eine Ausbildung zu beginnen.» Noch seien nicht alle offenen Lehrstellen besetzt.
«Das ist in der Gastrobranche aber nichts Besonderes», erklärt Viljehr. Man habe auch in vergangenen Jahren noch bis im Juli Lehrstellen als Koch oder Köchin besetzen können.
Die Zurückhaltung bei den Jungen habe negative Konsequenzen für die ganze Branche, prophezeit Masshardt von der Hotel & Gastro Union. «Das ist eine tickende Zeitbombe. In drei bis vier Jahren wird sich der Fachkräftemangel noch viel massiver zuspitzen.»
Für Masshardt braucht es dringend einen Strukturwandel in der Branche. Betriebe, die vor der Krise nicht finanziell nachhaltig waren und nicht korrekt gearbeitet haben, würden es auch nachher nicht sein, ist sich Masshardt sicher. «Diese Betriebe drücken dann auf die Löhne, sorgen für schlechtere Anstellungsbedingungen und dafür, dass viel Fachpersonal in andere Branchen abwandert.»
Bei HotellerieSuisse versucht man die Unsicherheit mit Nachwuchsmarketing wettzumachen. Für Oktober und November plant der Verband erstmals national durchgeführte Berufserkundungstage. «Das Berufsfeld ist sehr attraktiv und vielfältig mit vielen verschiedenen Grundbildungen und zahlreichen Weiterbildungen. Zudem versuchen wir, die Lernenden mit von unserem Verband zertifizierten Lehrbetrieben an Bord zu holen und ihnen eine spannende Ausbildung zu bieten», so Sieber vom Branchenverband.
Während es in der Grundausbildung harzt, boomen die Weiterbildungsangebote. «Wir haben in diesem Jahr bereits viele Neuanmeldungen und sind auf Kurs», sagt Timo Albiez, stellvertretender Direktor der SHL Schweizerischen Hotelfachschule Luzern. Viele Fachpersonen hätten die Zeit während der Pandemie genutzt, um sich Gedanken über eine Weiterbildung zu machen, und diese dann auch in Angriff genommen.
Ähnliches ist auch von der Ecole hôtelière de Lausanne (EHL) zu vernehmen. An der EHL gibt es neben Bachelor- und Masterabschlüssen im Gastgewerbe auch einen voruniversitären Kurs für 16- bis 18-Jährige, um sich mit dem Gastgewerbe vertraut zu machen. Dieser Kurs sei dieses Jahr besonders gefragt, heisst es aus Lausanne.