Ein 18-Jähriger hat während der Jagd auf die zwei Attentäter auf die französische Satire-Zeitung «Charlie Hebdo» als möglicher Mittäter gegolten, obwohl er zur Tatzeit in der Schule weilte. In einem Interview zeigt er sich «schockiert» von den Ereignissen.
«Ich war fassungslos, völlig überwältigt», sagte der sichtlich erschöpfte Teenager am Samstag im Beisein einer Anwältin und mehrerer Familienmitglieder im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Von der Polizei sei er aber «sehr korrekt behandelt» worden.
Der junge Mann ist der Schwager einer der beiden mutmasslichen Attentäter, die am Mittwoch die Redaktion von «Charlie Hebdo» in Paris überfielen und dort sowie auf ihrer späteren Flucht zwölf Menschen töteten. Nach einer Grossfahndung und einer Geiselnahme wurden Chérif und Said Kouachi am Freitag von der Polizei erschossen.
Er hatte sich am Mittwoch der Polizei gestellt, nachdem sein Name im Zusammenhang mit dem Anschlag im Internet aufgetaucht war, und wurde am Freitag wieder freigelassen.
Der 18-Jährige beschrieb sich im Gespräch mit AFP als ganz normalen jungen Mann, der noch bei seinen Eltern lebe. Zum Zeitpunkt des Anschlags auf die Zeitung am Mittwoch befand er sich nach eigenen Angaben in der Schule, was viele Zeugen bestätigten.
Dass er zeitweise als dritter Verdächtiger gesucht worden sei, habe ihn «schockiert», sagte er nun. «Die Menschen haben in sozialen Netzwerken fürchterliche und falsche Dinge über mich gesagt, obwohl ich ein normaler Schüler bin», beklagte er.
«Der Angriff war entsetzlich, und meine Gedanken sind bei den Opfern», sagte er, der nach offiziellen Angaben bis zum Anschlag nicht polizeibekannt war. Wie er ins Visier der Sicherheitsbehörden geriet, ist unklar.
Sein Plan sei es, nach der Schule Medizin zu studieren, sagte er weiter. Er hoffe, dass die Vorfälle der vergangenen Tage «nicht meine Zukunft verderben» und dass sein Name von der Öffentlichkeit wieder vergessen werde.
«Ich habe mit dieser ganzen Sache nichts zu tun», bekräftigte er. Chérif sei lediglich sein Schwager gewesen, zu dem die Familie «eine ziemlich entfernte Beziehung» gehabt habe. In seiner Heimatstadt Charleville-Mézières in Nordfrankreich kam Chérif demnach selten.
Die Schwester, die Ehefrau Chérifs, war ebenfalls am Mittwoch festgenommen worden. Sie wurde am Samstag wieder freigelassen. «Ich bin sicher, dass sie auch unschuldig ist», sagte eines der Familienmitglieder zu AFP.
Die Familie des Teenager gab zudem an, dass sie am Sonntag nicht zu dem geplanten grossen Trauermarsch in Paris reisen, aber an einer Gedenkkundgebung für die Gewaltopfer der vergangenen Tage in Charleville-Mézières teilnehmen wolle. Er selbst will sich jedoch nicht in der Öffentlichkeit zeigen.
Bei Veranstaltungen in ganz Frankreich wird am Sonntag den zwölf Opfer des Anschlags auf «Charlie Hebdo» sowie der fünf Menschen gedacht, die ein Gesinnungsgenosse der Kouachi-Brüder am Freitag tötete. (feb/sda/afp)