Mindestens ein Toter bei Protesten gegen Trumps Jerusalem-Order

Mindestens ein Toter bei Protesten gegen Trumps Jerusalem-Order

08.12.2017, 18:36

Nach der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch US-Präsident Donald Trump sind bei Unruhen in Jerusalem und den Palästinensergebieten ein Mann getötet und hunderte Menschen verletzt worden. Auch in anderen Ländern gab es am Freitag Proteste.

Ein 30-jähriger Palästinenser wurde bei Protesten nahe Chan Junis an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel getötet. Es war offenbar der erste gewaltsame Todesfall bei den Protesten gegen Trumps Ankündigung vom Mittwoch.

Die israelische Armee bestätigte, es seien zwei Menschen an der Grenze durch Schüsse getroffen worden. Dabei habe es sich um die «Haupt-Anstifter» gewalttätiger Unruhen gehandelt.

Etwa 480 Menschen wurden bei den Unruhen verletzt, wie das palästinensische Gesundheitsministerium in Gaza und der palästinensische Rote Halbmond am Freitag mitteilten. Rund 150 davon erlitten Schusswunden.

Aufruf zu Intifada

Die radikal-islamische Hamas hatte für Freitag zum Beginn eines neuen Palästinenseraufstands (Intifada) aufgerufen. In Jerusalem, dem Westjordanland und dem Gazastreifen gingen nach den Freitagsgebeten Tausende Palästinenser auf die Strasse.

Vor allem Jugendliche verbrannten amerikanische Flaggen und Reifen, warfen mit Steinen und Flaschen auf israelische Sicherheitskräfte. Diese setzten auch Tränengas und Gummimantelgeschosse ein.

Die israelische Polizei war in Jerusalem mit zusätzlichen Hundertschaften präsent. Die israelische Armee hatte bereits zuvor entschieden, mehrere zusätzliche Bataillone ins Westjordanland zu verlegen.

Weltweite Proteste

Die Palästinenser gingen diplomatisch auf Distanz zu den USA. Nach der Entscheidung Trumps wird Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nach Angaben von Fatah-Vertretern US-Vizepräsident Mike Pence nicht wie geplant in Bethlehem treffen. Der Grossimam der wichtigsten sunnitischen Institution Al-Azhar in Kairo sagte aus Protest ebenfalls ein Treffen mit Pence ab.

Kundgebungen gegen Trumps Anordnung mit insgesamt zehntausenden Teilnehmern gab es unter anderem in der Türkei, dem Iran, Afghanistan, Ägypten, Jordanien, Libanon, Tunesien, Malaysia und Indonesien. In Istanbul zogen tausende Türken durch das konservative Viertel Fatih.

Rund 1000 in Griechenland lebende Palästinenser protestierten am Freitagabend im Zentrum Athens gegen den US-Entscheid. Vor dem griechischen Parlament zündeten sie eine israelische Flagge an.

US-Botschaft wohl nicht vor 2019

US-Aussenminister Rex Tillerson erklärte unterdessen beschwichtigend in Paris, Trump habe mit seiner Aussage keinen Hinweis auf den abschliessenden Status von Jerusalem gegeben. Die US-Botschaft werde vermutlich weder in diesem noch im nächsten Jahr von Tel Aviv nach Jerusalem ziehen. Bisher unterhält kein ausländischer Staat seine Botschaft in Jerusalem.

Der Uno-Sicherheitsrat in New York wollte noch am Freitag zu einer Krisen-Sitzung zusammenkommen, bei der über die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten debattiert werden sollte. Uno-Generalsekretär Antonio Guterres hatte Trumps Plan zur Verlegung der US-Botschaft kritisiert.

Der endgültige Status Jerusalem ist einer der grössten Streitpunkte im Nahost-Konflikt. Israel eroberte 1967 im Sechs-Tage-Krieg unter anderem Ost-Jerusalem von Jordanien und annektierte den Stadtteil später. Die internationale Gemeinschaft erkennt diesen Schritt nicht an.

Die Palästinenser wollen Ost-Jerusalem als Hauptstadt für einen künftigen unabhängigen Staat Palästina. Israel beansprucht die ganze Stadt für sich. Die Altstadt mit der Klagemauer und dem Tempelberg liegt in Ost-Jerusalem. (sda/reu/dpa/afp)

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