Nur schon die Zusammenfassung des Falles hört sich vollkommen absurd an: Ein berüchtigter marokkanisch-niederländischer Drogenboss sitzt in Spanien im Gefängnis, weil er Geld gewaschen haben soll. Und auch, weil er 2022 geplant haben soll, die niederländische Prinzessin Amalia zu entführen. Und den Premierminister des Landes, Mark Rutte, wollte er angeblich sogar ermorden lassen.
Doch verantworten musste sich der schwerreiche Drogenboss bisher nur für Ersteres, in Spanien. Denn anstatt ihn für seine Verschwörungspläne an die Niederlande auszuliefern, liess ihn die spanische Justiz nach der Zahlung einer Kaution von 50'000 Euro frei, wie das Magazin Politico berichtet.
Bouyakhrichan zahlte das Geld und verliess Malaga, wo er einsass, umgehend. Seither wurde er nicht mehr gesehen.
Die Freilassung war ein grosses Versehen. Eine kurze Rückblende: Nachdem die spanischen Behörden Bouyakhrichan im Januar in Marbella im Süden des Landes dingfest gemacht hatten, beantragten die Niederlande unverzüglich die Auslieferung des Verbrechers. Schliesslich gehört Bouyakhrichan, ein Anführer der «Mocro Maffia», auf der Liste der meistgesuchten Personen des Landes nach ganz oben. «Mocro Maffia» ist der Name für die organisierten Drogenkartelle in den Niederlanden, die hauptsächlich aus Marokkanern bestehen.
Doch Spanien hat andere Pläne. Weil Bouyakhrichan seine krummen Deals grossmehrheitlich aus Südspanien koordiniert und er auch dort wegen diversen Delikten gesucht wird, lehnt das Provinzgericht von Malaga die Auslieferung ab. Zuerst soll Bouyakhrichan der Prozess wegen Geldwäsche in Spanien gemacht werden.
Die Niederländer sind unzufrieden damit, müssen sich aber fügen und weiter auf die Auslieferung warten. Sie stellen anschliessend einen neuen Antrag auf die Auslieferung – und diesem wird tatsächlich stattgegeben.
Doch zur Auslieferung kommt es nicht.
Denn die spanischen Gerichte versäumen, einen weiteren Haftbefehl für Bouyakhrichan auszustellen. Weil dieser nicht existiert, entscheidet ein Provinzrichter in Malaga nach der ersten Anhörung im Geldwäscheprozess, Bouyakhrichan auf Kaution freizulassen. Der Drogenboss, der Berichten zufolge über Vermögen im Milliardenbereich verfügen soll, zahlt diese umgehend, verlässt Malaga – und wurde seither nicht mehr gesehen.
Laut der spanischen Zeitung «El País» ordneten die Richter bei Bouyakhrichans Freilassung an, dass dieser seinen Pass abgeben muss und sich alle 15 Tage beim Gericht zu melden hat. Diesen Auflagen sei der Drogenboss zuerst nachgekommen. Doch seit dem 1. April fehlt jegliche Spur von ihm.
Zwar äussern sich spanische Ermittler immer noch zuversichtlich, dass sie Bouyakhrichan bald wieder verhaften können. Doch daran bestehen Zweifel. Der Kartellchef besitzt Immobilien auf der ganzen Welt, auch sein Vermögen soll sich auf Konten bei Banken rund um den Globus befinden. Womöglich ist Bouyakhrichan also bereits über alle sieben Berge.
Karim Bouyakhrichan stieg seit 2014 zu einem der führenden Köpfe der «Mocro Maffia» auf. Damals wurde sein Bruder Samir ermordet, welcher das Netzwerk zuvor geführt hatte. Karim soll dann die Geschicke übernommen haben.
Das Kerngeschäft der Bouyakhrichans ist der Drogenhandel. Von Spanien aus organisiert die marokkanisch-niederländische Gruppe die Lieferung von südamerikanischen Drogen in die Niederlande. Via die grossen Häfen in Rotterdam und Amsterdam sollen die Kriminellen in den letzten 15 Jahren Drogen im Wert von mehreren Milliarden in die gesamte EU und den Nahen Osten geschmuggelt haben.
Bouyakhrichan ist 46 Jahre alt und steht auch auf der Fahndungsliste Interpols – er ist einer der meistgesuchten Verbrecher Europas. 2022 wurde bekannt, dass seine Organisation die niederländische Kronprinzessin Amalia bedroht. Diese verliess daraufhin ihre Studentenwohnung und kehrte aus Sicherheitsgründen in den königlichen Palast zurück. Kürzlich wurde bekannt, dass Amalia wegen anhaltender Entführungsdrohungen gezwungen war, ein Jahr in Spanien zu leben, wie die BBC berichtete.
Es wird möglicherweise Geld geflossen sein und er war dann mal weg (eine Kaution i.d. Höhe v. 50.000 ist ja auch eher ein Witz).