«Oh, What a Lovely War!» (Was für ein lustiger Krieg) lautete der Titel eines britischen Musicals, das 1968 von Richard Attenborough mit einer Starbesetzung verfilmt wurde. Es handelt sich dabei um eine Kriegsrevue, in der zentrale Figuren des Ersten Weltkriegs – Kaiser Wilhelm II, Kaiser Franz-Joseph, Zar Nikolaus und diverse Generäle – lächerlich gemacht werden.
Die aktuelle Krise in der Ukraine entwickelt sich zunehmend in Richtung eines «lustigen Krieges». «Sie wird gleichzeitig immer gefährlicher und immer absurder», stellt Katrina vanden Heuvel in der «Washington Post» fest. Tatsächlich wird es immer undurchsichtiger, wer welche Ziele verfolgt und was eine Lösung sein könnte.
Während die Biden-Regierung vor einem baldigen Kriegsausbruch warnt, gibt der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyi umgehend Entwarnung und erklärt, es sei alles halb so schlimm. Der Westen seinerseits macht klar, dass er keinesfalls mit eigenen Truppen in einen allfälligen Krieg eingreifen wird, und droht Russland gleichzeitig mit den schlimmstmöglichen Konsequenzen.
Wladimir Putin wiederum lässt mehr als 100’000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine aufmarschieren, erklärt jedoch, ohne mit der Wimper zu zucken, nicht Russland, sondern die Nato wolle einen Krieg. «Den USA geht es gar nicht um die Sicherheit der Nato – obwohl sie vielleicht auch ein bisschen daran denken –, ihr wichtigstes Ziel besteht darin, die Entwicklung von Russland einzugrenzen», erklärte der russische Präsident gestern an einer Pressekonferenz, die er zusammen mit dem ungarischen Premierminister Viktor Orban in Moskau abgehalten hat.
Gleichzeitig betonte der russische Präsident einmal mehr, dass seine Forderungen keineswegs erfüllt seien, und drohte, er werde sich daher die nächsten Schritte genau überlegen müssen.
Derweil lässt der US-Präsident seine Soldaten in Alarmbereitschaft versetzen. «Doch trotz all der Hysterie über einen unmittelbar bevorstehenden Krieg ist es offensichtlich, dass die Biden-Regierung überzeugt ist, dass Putin bluffe, dass er nicht riskieren wolle, dass die Sanktionen gegen ihn tatsächlich ergriffen werden», ist vanden Heuvel überzeugt.
Der Erste Weltkrieg war alles andere als ein «lovely war». Er war eine Katastrophe mit weit über 20 Millionen Toten. Die Ukraine-Krise ihrerseits hat das Potenzial, zur schlimmsten militärischen Auseinandersetzung seit dem Zweiten Weltkrieg in Europa zu werden. Putin hat nicht nur mehr als 100’000 Soldaten, Panzer, Schiffe, Flugzeuge, Kanonen und sogar Blutreserven an die Grenze zur Ukraine verlegen lassen. Er hat auch in den vergangenen Jahren seine Armee auf den neuesten Stand gebracht.
Nach dem Zerfall der UdSSR befand sich die russische Armee in einem jämmerlichen Zustand und blamierte sich in Tschetschenien zunächst bis auf die Knochen. Inzwischen jedoch sind die rund 900’000 Soldaten bestens trainiert und mit modernsten Waffen ausgerüstet. Wenn Putin also tatsächlich in die Ukraine einmarschieren will, dann wird er kaum daran zu hindern sein.
Die Ukraine verfügt bloss über rund 260’000 Soldaten. Obwohl diese im mittlerweile acht Jahre dauernden Kleinkrieg im Donbass abgehärtet wurden und ebenfalls mit modernem Kriegsmaterial ausgerüstet sind, könnten sie die russischen Truppen im Ernstfall nicht aufhalten.
Putins Kalkül ist jedoch nicht aufgegangen. Er wollte eigentlich die EU und die Nato spalten. Das ist gründlich in die Hosen gegangen. Die USA haben aus dem Afghanistan-Desaster gelernt und stimmen nun ihr Handeln mit ihren Bündnispartnern ab. Deshalb haben sich die Reihen der westlichen Alliierten geschlossen.
Die Nato hat so ironischerweise ihren ursprünglichen Zweck wiedergefunden, der lautet: Russland in Schranken zu halten. «Putins Ziel besteht darin, weniger Nato-Truppen an seinen Grenzen zu haben. Er hat genau das Gegenteil erreicht, er hat mehr Nato-Truppen an seinen Grenzen», erklärt Lauren Speranza vom Center for European Analysis in der «Washington Post».
Ob Amerikaner, Briten, Dänen, Belgier oder Holländer, alle haben Soldaten und Kriegsmaterial in den Osten geschickt. «Die Nato-Alliierten sind sich einig und wollen alle das Gleiche», sagt Naja Kallas, die Premierministerin von Estland. «Wir sehen, dass wir stärker sind als vor der Krise.»
Der Erste Weltkrieg war das Resultat von Kriegsspielen, die aus dem Ruder gelaufen sind. Diese Gefahr besteht heute auch in der Ukraine-Krise. Niemand will einen Krieg, doch keiner will Schwäche zeigen. Beide Seiten ziehen deshalb «rote Linien» und warnen vor schlimmsten Konsequenzen, sollten diese überschritten werden.
Diese Drohgebärden sind eine riskante Angelegenheit. «Wenn die roten Linien versagen, müssen die Staatsoberhäupter zwischen zwei schlechten Optionen auswählen: Entweder geben sie nach, oder sie riskieren, in einen Teufelskreis der Eskalation gezogen zu werden – vielleicht sogar in einen Krieg», warnen die beiden Politologen Dan Altman und Kathleen Powers im Magazin «Foreign Affairs».
Ich bleibe auch dabei, dass man die Situation nicht mit der Krim vergleichen kann. Da "musste" er den Stützpunkt retten und wollte keine US/Nato Basis tolerieren.
Es wird zu keinem Krieg kommen. Und darüber sollten wir alle froh sein!
Die Kriegsführer hingegen sitzen in der warmen Stube und ergötzen sich an ihrer Macht und Reichtum. Im Jahr 2022 sollte es andere politische Vorgänge geben, als klassische Kriege.