
Vor allem die mentale Gesundheit junger Frauen litt während der Pandemie. Bild: shutterstock
Die Krankenkasse CSS hat die Ergebnisse ihrer jährlichen Gesundheitsstudie präsentiert. Dabei zeigt sich, dass sich die mentale Gesundheit der Bevölkerung seit Corona-Beginn teilweise massiv verschlechtert hat. Vor allem junge Frauen sind betroffen.
25.08.2021, 21:0226.08.2021, 13:58
Immer mehr jungen Menschen geht es psychisch nicht gut. Zu diesem Schluss kommt eine repräsentative Gesundheitsstudie der Krankenkasse CSS. Gemeinsam mit dem Forschungsinstitut Sotomo hat sie Ende Juni 2274 Personen aus der ganzen Schweiz nach ihrem Wohlbefinden befragt. Die Ergebnisse wurden mit jenen vom März 2020, also kurz vor Beginn der Corona-Pandemie, verglichen.
Jungen Menschen geht es zunehmend mental nicht gut
Bei der Befragung der Probandinnen und Probanden ging es unter anderem um die mentale Gesundheit. Dabei zeigte sich, dass die letzten 18 Monate nicht spurlos an der Bevölkerung vorbeigegangen sind.
«Die Suizidberatungen haben sich seit Beginn der Pandemie verdoppelt.»
Lulzana Musliu, Pressesprecherin Pro Juventute
15 Prozent der Befragten gaben an, dass es ihnen immer gut gehe, 59 Prozent sind der Ansicht, dass ihr psychisches Wohlbefinden meistens gut sei. Damit bleibt rund ein Viertel, der angab, das eigene emotionale Befinden sei «durchzogen» oder «schlechter».
Eigenes Wohlbefinden – nach Geschlecht und Alter

Vor allem den Jungen geht es zunehmend schlechter. bild: css / sotomo
Der Anteil mit einem beeinträchtigten psychischen Wohlbefinden liegt bei den Frauen bei 32 und bei den Männern bei 20 Prozent. Neben des Geschlechter- zeigt sich auch ein Altersunterschied. Ganze 38 Prozent der 18-35-Jährigen gaben an, dass es ihnen höchstens «durchzogen» gehe. Besorgniserregend ist die Situation bei den jungen Frauen bis 30 Jahren. Die Hälfte von ihnen bezeichnete das eigene psychische Befinden als «durchzogen» oder noch schlechter.
Anteil Personen, denen es mental nicht gut geht – nach Alter und Geschlecht

«Wie gut geht es Ihnen emotional bzw. psychisch?», Antworten: «Durchzogen», «Oft nicht so gut», «Schlecht»bild: css / sotomo
Die Ergebnisse überraschen Lulzana Musliu nicht. Sie ist Pressesprecherin bei der Stiftung Pro Juventute, die unter anderem das Beratungsangebot 147 für Kinder und Jugendliche betreibt. «Die Ergebnisse decken sich mit unseren Erfahrungen in der Pandemie», sagt sie.
Doch warum leiden vor allem junge Leute unter der Pandemie? «Wenn man jung ist, fühlen sich eineinhalb Jahre viel länger an», sagt Musliu. Auch sei es für viele junge Leute die erste grössere Krise im Leben, die man meistern müsse.
Hinzu komme, dass man sich im jungen Alter viel mehr nach aussen hin orientiere. Der Austausch mit Gleichaltrigen sei elementar für die Entwicklung, und dieser Austausch kam in den letzten 18 Monaten oftmals zu kurz. Deswegen sei auch die latente Frage nach Partys nicht zu bagatellisieren, da grosse Zusammenkünfte auch Teil dieses Austausches seien.
Lass dir helfen!
Du glaubst, du kannst eine persönliche Krise nicht selbst bewältigen? Das musst du auch nicht. Lass dir helfen.
In der Schweiz gibt es zahlreiche Stellen, die rund um die Uhr für Menschen in suizidalen und depressiven Krisen da sind – vertraulich und kostenlos.
– Die Dargebotene Hand: Tel 143, www.143.ch
– Beratung + Hilfe 147 für Jugendliche: Tel 147, www.147.ch
– Reden kann retten: www.reden-kann-retten.ch
Lulzana Musliu und Pro Juventute plädieren deshalb dafür, die Auswirkungen der Massnahmen gegen Covid-19 auf die mentale Gesundheit zu untersuchen. Nachholfbedarf gibt es auch bei der Betreuung in Krisenfällen: Die Warteschlange für psychiatrische Hilfe sei riesig momentan. «Es gibt immer wieder Patienten, die lange auf einen Therapieplatz warten müssen. Das darf nicht sein.» Auch bei der 147-Hotline von Pro Juventute herrscht seit Beginn der Pandemie Hochbetrieb. Jeden Tag gehen rund 700 Anrufe ein. Die Suizidberatungen haben sich im Vergleich zu vor der Pandemie fast verdoppelt.
Nicht über Krankheiten sprechen aus Furcht vor fehlendem Verständnis

Frage: «Haben Sie schon einmal über eine Erkrankung nicht gesprochen, weil Sie befürchteten, auf mangelndes Verständnis zu stossen?» Die Anzahl Menschen, die eine Erkrankung verschweigen, steigt ebenfalls. Besonders bei jungen Personen.bild: ccs / sotomo
Dabei sind rund drei Viertel der Ratsuchenden von 147 weiblich. «Mädchen und Frauen leiden tatsächlich häufiger an psychischen Problemen», sagt Musliu. Dies hänge mit den Rollenerwartungen zusammen, die zu sehr viel Stress und Druck führen. «Man muss jedoch beachten: Frauen sind auch öfters bereit, über ihre Probleme zu sprechen.» Die Diskrepanz zu den Männern sei also wahrscheinlich kleiner als auf dem Papier ersichtlich.
Um die Herausforderungen in der mentalen Gesundheit anzugehen, brauche es eine «Post-Corona-Strategie, die Zukunftsaussichten für die junge Generation bietet», wie es Musliu nennt. Dazu müssen man aber einige Hebel in Bewegung setzen, der jungen Generation zuhören und sie miteinbeziehen und die psychiatrischen Hilfsangebote ausweiten.
Auch mehr Aufklärung dürfte vonnöten sein, denn: Ganze 75 Prozent der befragten 18 bis 35-Jährigen haben bei der CSS-Befragung angegeben, dass sie aus Furcht vor fehlendem Verständnis eine Krankheit verheimlicht haben oder potenziell verheimlichen würden.
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Neu zugelassene Lastwagen und Lieferwagen haben im vergangenen Jahr den CO2-Zielwert überschritten. Mehr CO2 als im Vorjahr schieden auch neu zugelassene Personenwagen aus, aber ihre Emissionen lagen unter dem Zielwert.
Das wundert mich überhaupt nicht. Menschen mit psychischen Problemen werden in der Schweiz immer noch belächelt oder gar als "faul" abgetan.
Dass sich Junge als mental weniger Gesund einschätzen und bei den Jungen wiederum die Frauen als weniger Gesund als Männer ist kein neues Phänomen. Hat was mit Jung sein zu tun und sich finden was an und für sich ein schwieriger Prozess ist.