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Showdown im Steuerstreit: Apple und die EU kämpfen um 13 Milliarden Euro

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Auf 1 Million Euro Gewinn hat Apple in Irland 50 Euro Steuern bezahlt. Die EU meint, das geht gar nicht.Bild: AP/AP

Showdown im Steuerstreit: Apple und die EU kämpfen um Milliarden-Steuernachzahlung

Apple und die EU ringen vor dem EU-Gericht um die gigantische Steuernachforderung von 13 Milliarden Euro in Irland. Am Ende dürfte es um weit mehr als nur viel Geld gehen.
17.09.2019, 16:17
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Hat Apple in Irland viel zu wenig Steuern bezahlt? Seit Dienstag wird der Fall vor dem EU-Gericht in Luxemburg verhandelt. Am ersten Tag hat der iPhone-Konzern seine Sichtweise dargelegt.

Der iPhone-Konzern bekräftigte am Dienstag vor dem EU-Gericht in Luxemburg, dass die Erträge von zwei irischen Tochterfirmen vor allem in den USA zu versteuern gewesen seien. Die Kommission warf Apple vor, nur Verwirrung zu stiften. Sie betonte ihre Sichtweise, dass Irland die Steuern zu niedrig angesetzt habe.

Der iPhone-Hersteller fühlt sich dagegen doppelt zur Kasse gebeten: «Apple zahlt jetzt rund 20 Milliarden Euro Steuern in den USA auf dieselben Gewinne, die laut der Kommission auch in Irland besteuert werden müssten», erklärte der US-Konzern. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hatte Apple im August 2016 aufgefordert, die Milliardensumme in Irland nachzuzahlen, weil das Land dem Konzern eine unzulässige Sonderbehandlung bei den Steuerkonditionen gewährt habe.

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«Apple, bezahlt eure Steuern», fordern Globalisierungskritiker.Bild: EPA/EPA

Es geht um viel

Bei dem Streit geht es nicht nur um viel Geld. Für die in Europa oft gefeierte Kommissarin Vestager war der aufsehenerregende Fall ein Höhepunkt ihrer bisherigen Laufbahn. Eine Niederlage könnte ein entsprechend schwerer politischer Rückschlag für sie werden.

Zudem könnte das Verfahren für Streit zwischen den USA und Europa über die Besteuerung amerikanischer Unternehmen sorgen. Und für Apple geht es auch um den Ruf: Der iPhone-Hersteller will sich nicht als Steuerflüchtling und Trickser bezeichnen lassen. Laut den 2017 veröffentlichten «Paradise Papers» der Anwaltskanzlei Appleby war Apple allerdings auf der Suche nach einem Land, wo der Konzern gar keine Steuern zahlen muss.

Paradise Papers: Die Steuertricks der Reichen und Mächtigen

Video: srf

Apple argumentiert, die irische Tochter Apple Sales International (ASI) sei lediglich für den Vertrieb von Geräten des Konzerns ausserhalb Nord- und Südamerikas zuständig gewesen - während die eigentlichen Werte vor allem in den USA geschaffen worden seien. «Das iPhone, das iPad, der App Store und alle anderen Produkte und Dienste von Apple wurden anderswo entworfen und entwickelt.»

Deswegen wäre es falsch, auf die Gewinne aus dem internationalen Geschäft, die sich in Irland ansammelten, Steuern in dem Land zu bezahlen. Irland habe deshalb zurecht nur den Teil der bei den Tochterfirmen verbuchten Gewinne besteuert, die auf Aktivitäten in dem Land zurückgingen.

Tim Cooks widersprüchliche Aussagen

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Bereits 2013 musste Apple-CEO Tim Cook in den USA wegen Steuervermeidungs-Praktiken mit einem Geflecht aus Offshore-Firmen vor dem US-Senat aussagen.Bild: EPA/EPA

Die Kommission bestritt am Dienstag nicht, dass ein Grossteil des intellektuellen Eigentums bei Apple in den Vereinigten Staaten entstehe. Allerdings habe die irische Steuerbehörde nicht die notwendigen Analysen der Geldflüsse innerhalb des Apple-Konzerns durchgeführt, um entscheiden zu können, zu welchen Anteilen die Gewinne wo versteuert werden müssten. Sie habe sich stattdessen auf Angaben von Apple verlassen. Irland kontert, es sei ausreichend gewesen, nur die Apple-Aktivitäten in dem Land zu betrachten.

Die Kommission wies auch die Darstellung von Apple zurück, die beiden irischen Firmentöchter seien lediglich mit Vertrieb und Fertigung beauftragt gewesen. «Das ist nicht alles, was in Cork vor sich geht», einige Aktivitäten in der irischen Stadt gingen darüber hinaus.

Als einen Beleg nannten sie Aussagen von Konzernchef Tim Cook von 2013, in Irland würden auch wichtige Entscheidungen getroffen. Ausserdem sei in den Aktivitäten der «Verwaltungssitze» der beiden irischen Töchter kein tatsächlicher Bezug zur Schaffung intellektuellen Eigentums zu erkennen, erklärte die Kommission.

Reserven mit Trumps Steuerreform in die USA gebracht

Amerikanische Unternehmen konnten nach früheren US-Regelungen Auslandsgewinne ausserhalb des Heimatlandes lagern. Bei einem Transfer in die USA wurden 35 Prozent Steuern fällig. Viele Firmen behielten das Geld im Ausland. Mit der seit 2018 greifenden Steuerreform unter Präsident Trump wurde eine Zahlung auf die Auslandsreserven mit deutlich niedrigeren Sätzen fällig - unabhängig davon, ob sie in die USA gebracht werden oder nicht.

Apple zahlte nach Angaben von Januar 2018 rund 38 Milliarden Dollar Steuern auf den im Ausland gelagerten Geldberg von 252 Milliarden Dollar und kündigte an, den Grossteil der Reserven in die USA zu überweisen. Die am Dienstag genannten 20 Milliarden Euro sind Teil dieser 38 Milliarden Dollar, wie Anwälte erklärten.

Sie seien noch nicht komplett bezahlt worden, aber die gestaffelte Zahlung sei fest vereinbart. Apple hinterlegte nach der Forderung der Kommission zudem 14,3 Milliarden Euro auf einem Treuhandkonto inklusive Zinsen.

Rund um den Streit kochten immer wieder die Emotionen hoch. So hatte Apple-Chef Tim Cook die Kritik Vestagers, Apple habe in Irland im Jahr 2014 eine Körperschaftssteuer von nur 0,005 Prozent bezahlt, als «politischen Dreck» bezeichnet. Die Kommission muss in Luxemburg unter anderem nachweisen, dass Apple in Irland Sonderkonditionen bekam, die für andere Unternehmen nicht verfügbar waren. Nach der Entscheidung des EU-Gerichts können die Seiten noch in Berufung beim Europäischen Gerichtshof gehen. Das dürfte den Streit um weitere Jahre verlängern.

So funktionieren Apples Steuertricks

(oli/sda/awp/dpa)

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Uii! Wen haben wir denn da, neben Konzernchef Tim Cook?
quelle: epa / john g. mabanglo
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