Jill Stein hat in ihrer Kampagne für die Neuauszählung in drei US-Bundesstaaten zwei Rückschläge erlitten: Ihre Forderung nach einer zwingenden Auszählung von Hand ist vor Gericht gescheitert. Sie habe nicht darlegen können, warum eine maschinelle Auszählung nicht ausreiche, so Richterin Valerie Bailey-Rihn gemäss dem Milwaukee Journal Sentinel.
Auch die Kosten für die Neuauszählung sind explodiert: Hatten die Behörden von Wisconsin zu Beginn 1.1 Millionen Dollar prognostiziert, sind es nun gesalzene 3.5 Millionen, also mehr als dreimal so viel. Trotz dieser «unerhörten» Erhöhung werde man bezahlen und so die Neuauszählung in Gang bringen, schreibt Stein auf ihrer Website. Möglich sei dies dank 130'000 Kleinspenden. Am Mittwoch Vormittag waren über 6.5 Millionen Dollar zusammengekommen. Das neue Spendenziel beträgt 9.5 Millionen, um die Mehrkosten in Wisconsin zu kompensieren.
So oder so wird die Neuauszählung ein Rennen gegen die Zeit – vermutlich auch ein Faktor für die Entscheidung des Gerichts gegen die manuelle Nachzählung: Morgen Donnerstag soll es losgehen, am 13. Dezember muss die Übung abgeschlossen und das Resultat offiziell beglaubigt sein. Das sind weniger als zwei Wochen für knapp drei Millionen Stimmen.
Sechs Tage später, am 19. Dezember, treffen sich die 538 Wahlmänner, um ihre Stimme für einen der Präsidentschaftskandidaten abzugeben. Angenommen Wisconsin schafft es mit der Neuauszählung nicht bis zum 13. Dezember, dann kann der Bundesstaat theoretisch auch seine 10 Wahlmänner nicht entsenden. Diese würden dann an der Abstimmung fehlen.
Trump verfügt derzeit über 306 Wahlmänner, also wäre die Mehrheit von 270 auch ohne die 10 aus Wisconsin nicht in Gefahr. Doch Stein strebt bekanntlich auch Neuauszählungen in Pennsylvania (5,8 Millionen abgegebene Stimmen) und Michigan (4,8 Millionen abgegebene Stimmen) an. Sollten auch sie am 13. Dezember nicht so weit sein, dann könnten weitere 20 und 16 Wahlmännerstimmen wegfallen. Trump käme dann noch auf 260 Stimmen und würde die Mehrheit von 270 verfehlen. Clinton hätte weiterhin 232, demnach wäre keiner der beiden gewählt. Was dann?
Dann würde das Abgeordnetenhaus nach einem komplizierten Verfahren, in dem jeder Bundesstaat eine Stimme hat, den Präsidenten wählen. Trump müsste sich darauf verlassen können, dass ihm die republikanischen Angeordneten die Stange halten. Sonst könnte es knapp werden.
Die entscheidende Frage ist also nicht so sehr, ob nach der Neuauszählung Wisonsin, Pennsylvania und Michigan plötzlich Hillary Clinton zufallen. Das ist und bleibt höchst unwahrscheinlich. Aber schaffen es die drei Staaten, in weniger als zwei Wochen 15 Millionen Stimmen zu überprüfen? Wenn nicht, dann würde der Präsident erstmals seit 1824 vielleicht wieder im Abgeordnetenhaus gewählt.