Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat sich zum Anschlag in einer schiitischen Moschee in Kabul bekannt. Ein IS-Selbstmordattentäter habe die Tat vom Freitag begangen, erklärte die Gruppe am Samstag. Nach neuen Behördenangaben wurden dabei 56 Menschen getötet.
Weitere 33 Tote gab es bei einem Anschlag in der Provinz Ghor. Angesichts solcher blutigen Taten wächst in Afghanistan der Unmut über die Sicherheitslage.
Unter den 56 Todesopfern beim Anschlag in der Kabuler Moschee seien auch Frauen und Kinder, teilte ein Sprecher des afghanischen Innenministeriums mit. Weitere 55 Menschen seien verletzt worden. Einige Menschen am Anschlagsort hatten beklagt, dass die Rettungskräfte erst gut eine Stunde später vor Ort gewesen seien.
Zum Anschlag auf die schiitische Imam-Saman-Moschee während des Freitagsgebets bekannte sich die IS-Miliz. Ein IS-Kämpfer habe seine Sprengstoffweste in der Menge «in einem Tempel der Polytheisten» gezündet, erklärte die Gruppe am Samstag im Messengerdienst Telegram. Damit beschuldigte der sunnitische IS die Schiiten, an mehrere Götter zu glauben.
«Absolute Barbarei»
Die Kabuler Moschee war nach dem Anschlag voller Splitter, Blutspritzer und versprengter Habseligkeiten, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. «Das ist absolute Barbarei. Was für ein Islam ist das?», sagte ein Mann am Tatort an die Adresse des Attentäters.
«Wenn unsere Regierungsvertreter uns nicht schützen können, müssen sie zurücktreten und fähige Vertreter übernehmen lassen», beschwerte sich ein Augenzeuge. Auch ein Mann, der in der Nähe der Moschee einen Laden betreibt, machte seinem Unmut Luft. «Was tut unsere Regierung?», sagte er AFP. «Wir sind es leid, hier zu leben. Wir sind nicht einmal in heiligen Stätten sicher.»
In Kabul wurden am Samstag die ersten Toten beigesetzt, aber es gab keine gemeinsamen Begräbnisse wie nach vorherigen Anschlägen auf Moscheen, wie ein Mitglied der Gemeinde im Westen der Stadt sagte. «Einige Familien haben schon heute Morgen ihre Verwandten beerdigt.»
In der Vergangenheit hatte der IS bereits wiederholt Anschläge gegen Schiiten in Afghanistan verübt. Die Terrormiliz betrachtet die Schiiten als Ketzer.
Blutige Woche
Bei einem weiteren Anschlag auf eine sunnitische Moschee im Zentrum des Landes waren am Freitag mindestens 33 Menschen getötet worden. Die Tat im Bezirk Dolaina der verarmten Provinz Ghor wurde ebenfalls von einem Selbstmordattentäter verübt. Unter den Todesopfern war ein Polizeikommandant, dem der Anschlag mutmasslich galt.
Einige Stunden nach dem Anschlag in Kabul feuerten die radikalislamischen Taliban zwei Raketen auf den Sitz der NATO-Mission im stark gesicherten Diplomatenviertel der Hauptstadt. Mit mehr als 200 Todesopfern zählt diese Woche zu den blutigsten in Afghanistan. (sda/afp/dpa)