Um auf aktuelle Gefahren zu reagieren, darf der Nachrichtendienst neu auch Telefonate abhören, Räume verwanzen oder Computer hacken. Eine Voraussetzung ist die Zustimmung des Bundesverwaltungsgerichts. Dessen Überwachungsentscheide bleiben aber geheim.
Per 1. September ist das neue Nachrichtendienstgesetz in Kraft. Seither hat der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) neue Überwachungskompetenzen. Um eine entsprechende Operation durchführen zu können, benötigt die Behörde allerdings den Segen von Verteidigungsminister Guy Parmelin sowie des Bundesverwaltungsgerichts in St. Gallen.
Mit der verantwortungsvollen Aufgabe betraut ist am Gericht in St. Gallen Einzelrichterin Salome Zimmermann, die in einem Interview mit den Zeitungen «Tages-Anzeiger» und «Bund» Einblick in ihre neue Tätigkeit gibt. Die SP-Richterin muss jeweils prüfen, ob die beantragten Überwachungsaktionen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Unterstützung erhält sie von ihrem Stellvertreter, der Mitglied der FDP ist.
«Ich spüre die grosse Verantwortung, die auf mir lastet», sagte die Zimmermann im Interview, das am Mittwoch erschien. Wichtig sei ihr deshalb der Grundsatz «so viel Überwachung wie nötig, so wenig wie möglich».
Öffentlichkeit erfährt nichts
Der Bundesrat hatte vor der Volksabstimmung wiederholt versichert, die neuen Überwachungsmassnahmen würden lediglich in etwa zehn Fällen pro Jahr angewendet. Ob dem so ist, wird die Öffentlichkeit jedoch nicht so leicht nachprüfen können. Denn über die Anzahl der bewilligten und abgelehnten «geheimen Beschaffungsmassnahmen» gibt das Bundesverwaltungsgericht keine Auskunft.
«Alles, was wir vom Nachrichtendienst bekommen, ist geheim», hält Zimmermann fest. Einzig der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) des Parlaments muss das Gericht die Zahlen über abgelehnte und bewilligte Überwachungsoperationen mitteilen - in einem geheimen Bericht.
Es liegt an ihr, zu entscheiden, ob sie etwas dazu veröffentlichen will. Es sei dann Aufgabe dieser politischen Instanz, allenfalls Alarm zu schlagen.
Der Nachrichtendienst muss ausserdem nach Abschluss einer Operation die überwachte Person über den Grund, die Art und die Dauer der Überwachung informieren. Allerdings kann in einer Reihe von begründeten Fällen davon abgesehen werden.
Gesicherter Raum
Damit das Gericht in St. Gallen seine neue Aufgabe wahrnehmen konnte, mussten mehrere Vorbereitungen getroffen werden. So wurden etwa spezielle Räume eingerichtet. «Wir haben bei uns in St. Gallen einen gesicherten Raum eingerichtet, zu dem nur wenige Personen Zutritt haben», sagte Zimmermann im Interview. «Wir reinigen den Raum sogar selber.»
Zudem war eine Anpassung das Informationsreglements notwendig, das zuvor die Publikation aller Gerichtsentscheide vorsah. Würden die Entscheide über Überwachungsmassnahmen publiziert, wäre «die geheime Überwachung nicht mehr geheim und somit zwecklos», schreibt das Gericht auf Anfrage.
Nicht betroffen seien jedoch alle anderen Verfahren im Zusammenhang mit dem Nachrichtendienstgesetz, etwa jene, in denen gegen abgeschlossene geheime Überwachungen Beschwerde geführt werde. (sda)