Mit einem Protestmarsch weissgekleideter Demonstrantinnen hat die Opposition in Venezuela den Druck auf Staatschef Nicolás Maduro aufrechterhalten. Hunderte Frauen und auch Männer zogen am Samstag durch die Hauptstadt Caracas Richtung Innenministerium.
Sie prangerten lautstark die «Unterdrückung» der Regierungsgegner in den vergangenen fünf Protestwochen an. Ähnliche Protestzüge fanden in anderen venezolanischen Städten statt.
«Die Diktatur erlebt ihre letzten Tage, und Maduro weiss das», sagte eine Teilnehmerin, die ehemalige Parlamentsabgeordnete María Corina Machado. «Daher rührt das beispiellose Niveau an Repression.»
Seit Beginn der Protestwelle wurden bereits 36 Menschen getötet. Demonstranten und Sicherheitskräfte liefern sich seit Anfang April fast täglich Strassenschlachten, bei denen zudem mehr als 700 Menschen verletzt wurden. Beide Seiten machen sich gegenseitig für die Gewalt verantwortlich.
Raubzüge in Valencia
In Valencia und Caracas hatten sich Demonstranten und Sicherheitskräfte am Freitag erneut Strassenschlachten geliefert. Ein 22-jähriger Mann war erst am Donnerstag in Valencia von einem Projektil im Kopf getroffen worden, einen Tag später erlag er seinen Verletzungen.
Die Grossstadt im Norden Venezuelas ist seit Tagen Schauplatz von Plünderungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Regierungsgegnern und Einsatzkräften. Nach Angaben der örtlichen Handelskammer wurden seit Dienstag 70 Geschäfte in Valencia verwüstet und ausgeraubt.
«Sie nutzen die Proteste, um auf Raubzüge zu gehen», sagte die 64-jährige Hausfrau Magaly Oliveros. Viele Einwohner versuchten sich aus Angst vor weiteren Ausschreitungen mit Essen, Wasser und Benzin einzudecken.
Die Mitte-rechts-Opposition kämpft für vorgezogene Parlamentswahlen und eine Volksabstimmung über die Absetzung von Maduro, dessen Mandat regulär im Januar 2019 endet. Die Regierungsgegner laufen ausserdem Sturm gegen die geplante Verfassungsreform, die der Präsident am Montag angekündigt hatte.
Die Regierungsgegner machen den sozialistischen Staatschef für die schwere Wirtschaftskrise in dem ölreichen südamerikanischen Land verantwortlich. Die Versorgungslage in Venezuela ist dramatisch. Nahrungsmittel, Medikamente sowie Dinge des täglichen Bedarfs wie Toilettenpapier und Seife werden vielerorts knapp. In Umfragen sprechen sich mittlerweile 70 Prozent der Befragten gegen Maduro aus.
Erste Risse innerhalb der Armee?
«Das Regime fällt», sagte am Freitag die Ehefrau des inhaftierten Oppositionspolitikers Leopoldo López, Lilian Tintori. «Es hat keine Kraft und zeigt sein wahres Gesicht, indem es Waffen einsetzt.»
Maduro kann sich bislang auf die Rückendeckung der mächtigen Armee verlassen. Verteidigungsminister und Militärchef Vladimir Padrino López hatte Mitte April die «bedingungslose Loyalität» des Militärs gegenüber Maduro bekräftigt.
Nach Angaben von Oppositionsführer Henrique Capriles zeigen sich aber erste Risse innerhalb der Armee. 85 Soldaten seien festgenommen worden, nachdem sie ihren Unmut über die «Unterdrückung» der Proteste geäussert hätten, erklärte Capriles. Er berief sich auf Aussagen von Angehörigen. Von offizieller Seite wurden seine Angaben nicht bestätigt. (sda/afp)