«WEF-Demos sind ein bisschen wie Familientreffen»

«WEF-Demos sind ein bisschen wie Familientreffen»

18.01.2017, 18:12

Am Mittwoch haben sich im Herzen von Davos eine Handvoll links-grüner Demonstranten zu einer Kundgebung gegen das WEF getroffen. Sie prangerten «die Gier der nimmersatten Superreichen an», die aus ihrer Sicht die Kluft zwischen Arm und Reich vertieft.

Zur Anti-WEF-Kundgebung hatten die Grünen und die JUSO der Stadt Davos aufgerufen. 20 bis 30 Protestierende fanden sich gegen 17 Uhr beim Postplatz in Davos Platz ein. Das offizielle Motto der Demonstration lautete «too much but still not enough».

Die Kundgebung solle einen friedlichen und konstruktiven Kontrapunkt zum «schwer bewachten und hermetisch abgeriegelten Jahrestreffen der selbsternannten Weltverbesserer» darstellen, teilten die Organisatoren im Vorfeld mit. Den Beweis ihrer hehren Absichten hätten die WEF-ler noch nicht erbracht, zeuge doch gerade die stetige Aufrüstung des Sicherheitsapparats davon, dass die Welt unsicherer geworden sei.

Hohe Sicherheitskosten

Tatsächlich werden die Kosten für die Sicherheit die öffentliche Hand in diesem Jahr voraussichtlich erneut 9 Millionen Franken kosten. Grund für die gestiegenen Kosten ist unter anderem die erhöhte Terrorgefahr.

Sicherheitsmassnahmen seien jedoch lediglich «Symptombekämpfung», schreiben die WEF-Kritiker weiter. Das eigentliche Übel - die Ungerechtigkeit und Ungleichheit - werde nicht bekämpft. Obwohl dies von den «responsive and responsible Leaders» eigentlich erwartet werden könne, kritisieren die Demonstranten in Anlehnung an das diesjährige WEF-Motto.

Eine gute Portion Humor

Für eine problemlose Anreise zur Demo empfahlen die Davoser Grünen auf ihrer Facebookseite, sich als Befürworter der Bündner Kandidatur für die olympischen Winterspiele 2026 zu tarnen - mit einer weissen Mütze und einem «OlmypJA»-Pin. «Das ist natürlich ironisch gemeint», sagte Mitorganisator Rolf Marugg gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Er ist seit Jahren die treibende Kraft hinter den lokalen Anti-WEF-Demos.

«WEF-Demos sind ein bisschen wie Familientreffen», sagte Marugg zur überschaubaren Teilnehmerzahl. Zugegebenermassen würde die Familie von Jahr zu Jahr kleiner. Es fehle der Nachwuchs. Die Demos litten unter demselben Problem wie der Bergkanton Graubünden im allgemeinen: Die jungen und gut ausgebildeten Menschen ziehen in die grösseren Städte, um zu studieren oder zu arbeiten. Unter ihnen seien auch viele kritische Leute.

Schwindender Protest

Die Davoser Grünen hatten die Tradition der lokalen Anti-WEF-Proteste nach den Krawallen um die Jahrhundertwende praktisch als einzige am Leben erhalten. Doch in den letzten Jahren liessen sich dafür nur noch ein paar Dutzend Menschen mobilisieren.

Davos hat nicht zuletzt wegen der umfassenden Sicherheitsmassnahmen der Polizei als Kundgebungsort an Attraktivität eingebüsst. Die Protestveranstaltungen haben sich auf verschiedene grössere Schweizer Städte verlagert.

Kritik «erlaubt»

Die Schweizer Behörden seien der Ansicht, dass ein offener Dialog möglich sein solle, hatte Walter Schlegel, Kommandant der Bündner Kantonspolizei und Gesamtverantwortlicher für die Sicherheit am WEF, am Montag vor Medien in Davos gesagt. «Kritische Stimmen sind erlaubt.» Die Bedingung sei, dass die Meinungsäusserung auf friedliche Art und Weise geschehe. Bei Rechtsbrüchen werde interveniert, um ein Zeichen gegen die Gewalt zu setzen.

Für das diesjährige WEF sind zwei Demonstrationen bewilligt worden - nebst jener der Grünen Partei auch eine der bangladeschischen Gemeinschaft. Diese fand bereits am Dienstagabend statt - fast gänzlich übersehen von den nationalen und internationalen Medien. Nach Angaben der Kanzlei der Gemeinde Davos nahmen über 100 Personen daran teil. (sda)

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