CDU und CSU wollen Zuwanderung von maximal 200'000 Flüchtlingen

CDU und CSU wollen Zuwanderung von maximal 200'000 Flüchtlingen

08.10.2017, 22:44

CDU und CSU haben am Sonntagabend den Streit um eine Obergrenze für Flüchtlinge beigelegt und sich auf ein Paket zur Migrations-, Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik geeinigt.

Die Spitzen beider Parteien einigten sich in Berlin auf eine Formulierung, nach der die Netto-Zuwanderung aus humanitären Gründen pro Jahr nicht mehr als 200'000 Menschen betragen soll. Die Gesamtsumme solle aus ankommenden und ausreisenden Personen berechnet werden, heisst es in dem am Abend verabschiedeten Text.

Das Wort Obergrenze taucht nicht auf. Zudem vereinbarten die Spitzen von CDU und CSU, dass es ein Zuwanderungsgesetz für Fachkräfte geben soll.

Seit Sonntagmittag sondierten die Spitzen der Union in der Berliner CDU-Zentrale, wie eine gemeinsame Verhandlungspositionen für Jamaika-Gespräche mit FDP und Grünen aussehen könnte. Eine Situation wie 2015 mit der Aufnahme einer sehr hohen Zahl an Flüchtlingen und Migranten solle sich nicht wiederholen, halten beide Parteien fest.

Rückführungszentren

Dazu soll ein ganzes Massnahmenpaket dienen, von denen etliche Regelungen allerdings in Deutschland oder der EU bereits in Arbeit sind. Neu ist die Forderung, dass es in Deutschland künftig Entscheidungs- und Rückführungszentren geben soll, in denen Asylbewerber bis zu einer Entscheidung über ihren Antrag bleiben sollen.

«Die erforderlichen ausländerrechtlichen Entscheidungen werden dort getroffen», heisst es in dem Text. Abgelehnte Asylbewerber sollen von dort in ihre Heimat zurückgeführt werden.

Nationale Grenzkontrollen sollen beibehalten werden, bis der EU-Aussengrenzschutz funktioniert. Mit den Herkunfts- und Transitstaaten sollen nach dem Vorbild des EU-Türkei-Migrationsabkommen Abkommen geschlossen werden. Es werden EU-weite gemeinsame Asylverfahren an den Ausgrenzen und Rückführungen bereits von dort in die Heimatländer unterstützt.

Die Liste der sicheren Herkunftsländer soll auf die drei Maghrebstaaten Marokko, Algerien und Tunesien ausgeweitet werden. Der Familiennachzug von subsidiär Geschützen, die nur ein Aufenthaltsrecht von zunächst einem Jahr haben, soll nach Willen von CDU und CSU ausgesetzt bleiben.

«Nach unten oder oben» ändern

Zudem wurde eine Klausel vereinbart, dass Bundesregierung und Bundestag eine neue Entscheidung treffen können, mit dem der Richtwert «nach unten oder oben» geändert werden kann. Die Union setzt sich zudem für verstärkte Abschiebungen aus.

Neu ist das Element, dass die Zahl von 200'000 sich nicht mehr nur auf die ankommenden Flüchtlinge bezieht. «Wir wollen erreichen, dass die Gesamtzahl der Aufnahmen aus humanitären Gründen (Flüchtlinge und Asylbewerber, subsidiär Geschützte, Familiennachzug, Relocation und Resettlement, abzüglich Rückführungen und freiwillige Ausreisen künftiger Flüchtlinge) die Zahl von 200'000 Menschen im Jahr nicht übersteigt», heisst es in der Vereinbarung.

Dies bedeutet, dass mehr Menschen aufgenommen werden können, wenn mehr nicht anerkannte Flüchtlinge und Asylbewerber Deutschland in grösserer Zahl wieder verlassen.

Vor allem die CSU hatte zuvor mit der begrenzten Aufnahmefähigkeit Deutschlands argumentiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel wiederum hatte die CSU bereits vor Monaten aufgefordert, nicht nur auf die Zahl der ankommenden Flüchtlinge, sondern die Gesamtzahl der Ein- und Ausreisenden zu schauen.

Auf CDU-Seite verhandelten Parteichefin Merkel, Kanzleramtschef Peter Altmaier, Finanzminister Wolfgang Schäuble, Generalsekretär Peter Tauber und Fraktionschef Volker Kauder. Für die CSU waren Parteichef Horst Seehofer, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Generalsekretär Andreas Scheuer, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion in München, Thomas Kreutzer, dabei.

Beratungen vorerst beendet

Nachdem sich CDU und CSU nach mehreren Stunden Beratung zu getrennten Beratungen zurückgezogen hatten, kamen Merkel und Seehofer zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammen. Am Abend stiess Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) dazu. Die Unionsspitzen sprachen auch über weitere Themen wie etwa Europa. Die Beratungen wurden am Abend vorerst beendet.

Die Zahl 200'000 bezieht sich nicht auf die Arbeitsmigration und die Freizügigkeit etwa für EU-Bürger. Darüber kommen jedes Jahr sehr viel mehr Menschen nach Deutschland. CSU und CDU vereinbarten zudem ein Zuwanderungsgesetz, um den wachsenden Fachkräftebedarf der Wirtschaft zu decken. (sda/reu)

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