Mit einer Demonstration und begleitet von Kritik ist am Dienstag (Ortszeit) das 12. Weltsozialforum (WSF) in Montréal eröffnet worden. Bis zum 14. August werden in der kanadischen Stadt rund 50'000 Menschen aus aller Welt erwartet, vor allem Mitglieder von NGO.
Es soll um Themen wie Klimawandel, Chancen für die Jugend und Steuergerechtigkeit gehen. Mehr als 1000 Organisationen sind in Montreal vertreten, 1200 Einzelveranstaltungen sind geplant. Der Protestmarsch der Globalisierungskritiker, die ihr Forum erstmals in einem G7-Industrieland abhalten, zog rund 5000 Demonstranten an, die tanzend und singend durch die Innenstadt liefen.
Eine Vielzahl von Flaggen war während des Umzugs zu sehen: neben palästinensischen, kubanischen oder venezolanischen auch jene von kanadischen Gewerkschaften. Eine Delegation der Schweizer Gewerkschaft Unia war ebenfalls vertreten.
Angeführt wurde der Zug von Vertretern kanadischer Ureinwohner. Bei einer Ansprache erinnerten die Anführer des Stammes der Mohawks an die Tradition der Gastfreundschaft der «ersten Bewohner» Montréals. Gleichzeitig beklagten sie das Fehlen von rund 200 Gästen: die kanadischen Behörden hatten ihnen nicht rechtzeitig ein Visum ausgestellt. Davon betroffen war laut dem kanadischen Sender CBC auch Aminata Traoré, ehemalige Tourismusministerin in Mali und Kandidatin für die Nachfolge des UNO-Generalsekretärs Ban Ki Moon.
«Nicht viele Afrikaner»
Eine aus Guinea stammende Teilnehmerin des Eröffnungsmarsches kritisierte, dass die meisten Teilnehmer aus Kanada und anderen reichen Ländern kämen. «Ich sehe hier nicht viele Afrikaner», sagte Fatouma Chérif von der westafrikanischen Frauenrechtsgruppe WOPOD. «Hier gibt es nur Teilnehmer aus den Ländern des Nordens, und ich sehe nicht, wie das ein Weltsozialforum sein kann.»
Das WSF wurde 2001 in Porto Alegre als Gegengewicht zu den Welthandelskonferenzen gegründet. Ausser in der brasilianischen Stadt fand das Forum auch bereits in Mali, Indien, Pakistan und zwei Mal in Tunesien statt. Mit der Wahl des Veranstaltungsorts Montréal wollten die Organisatoren ein Signal zur Überwindung des Nord-Süd-Gegensatzes setzen.
WSF-Vertreter Raphaël Canet sagte anlässlich einer Medienkonferenz, das Forum solle zeigen, dass die Menschen aus dem Norden nicht nur ein Teil des Problems darstellen, sondern auch dazu beitragen können, Lösungen zu finden. Die Welt leide nicht an Unterentwicklung sondern unter einer Fehlentwicklung: Es habe noch nie soviel Reichtum gegeben, doch dieser sei auch noch nie auf so wenige verteilt gelegen.
«Anti-Davos»
Frühere Foren zogen rund 100'000 Menschen an, in Montréal werden deutlich weniger erwartet. Dies sei aber kein Zeichen dafür, «dass das Weltsozialforum an Kraft verliert», sagte Carminda MacLorin vom Organisationsteam. MacLorin verwies darauf, dass das Forum zunehmend auf regionale Treffen rund um die Welt setze. Kritiker hatten die hohen Reisekosten für Montréal beklagt.
Das erste WSF wurde 2001 als Gegenveranstaltung zum und gleichzeitig wie das Weltwirtschaftsforum WEF in Davos abgehalten. Weil die Veranstalter im Laufe der Zeit davon ausgingen, genügend stark zu sein und sich nicht mehr nur als «Anti-Davos» positionieren wollten, änderten sie das Datum. Seither sei die Berichterstattung der Medien zurückgegangen, sagte Co-Gründer Chico Withaker. Es sei nicht ausgeschlossen, das WSF wieder gleichzeitig mit dem WEF abzuhalten. (sda/dpa/afp)