Türkisches Gericht bestätigt Verurteilung von Kurdenführer Demirtas
Ein türkisches Berufungsgericht hat die Verurteilung des Kurdenpolitikers Selahattin Demirtas wegen «Terrorpropaganda» bestätigt. Damit ist Demirtas in der Türkei erstmals rechtskräftig verurteilt. Präsident Erdogan ist seinen charismatischen Rivalen damit los.
Das Gericht in Istanbul habe am Dienstag einen Einspruch des früheren Vorsitzenden der prokurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP) gegen seine Verurteilung im September zurückgewiesen, sagte sein Anwalt der Nachrichtenagentur AFP.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte am 20. November die sofortige Beendigung der mehr als zweijährigen Untersuchungshaft im Hauptverfahren gegen Demirtas und seine Freilassung gefordert. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte jedoch erklärt, die Türkei sei durch das Urteil nicht gebunden. Sie werde «zum Gegenschlag ausholen und einen Schlussstrich unter diese Affäre ziehen», kündigte Erdogan an.
Obwohl die Türkei als Mitglied des Europarates an die EGMR-Urteile gebunden ist, lehnte ein Gericht am 30. November Demirtas' Freilassung ab.
Der Kurdenpolitiker war am 7. September von einem Gericht in Istanbul wegen «Terrorpropaganda» zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden. Mit ihm wurde der frühere HDP-Abgeordnete Sirri Sürreya Önder zu drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auch dieses Urteil wurde nun bestätigt.
Demirtas' Anwalt Mahsuni Karaman schrieb auf Twitter, die Justiz werde den früheren HDP-Chef nun zwar im Hauptverfahren aus der U-Haft formal entlassen, so dass sie sagen könne, dass sie sich an das Urteil des EGMR halte. Zugleich werde er aber wegen der Bestätigung seiner Verurteilung zu vier Jahren und acht Monaten Haft weiter im Gefängnis «als Geisel gehalten» werden, schrieb der Anwalt, der auch den Gerichtsbeschluss teilte.
Erdogan schafft Konkurrenten beiseite
Demirtas war im August 2014 und erneut im Juni diesen Jahres bei den Präsidentschaftswahlen gegen Erdogan angetreten. Im November 2016 wurde er mit seiner Ko-Vorsitzenden Figen Yüksekdag und anderen HDP-Abgeordneten festgenommen.
Der charismatische Redner sieht die Vorwürfe gegen ihn als politisch motiviert an und wirft Erdogan vor, damit einen unbequemen politischen Konkurrenten ausschalten zu wollen. Auch das europäische Menschenrechtsgericht hatte die Dauer und die Umstände seiner Untersuchungshaft als politisch motiviert eingestuft. (sda/afp/dpa)
