Beim Zürcher Weihnachtsdorf sind Zehntausende Tassen verschwunden
Trotz fehlendem Schnee boomen auch in diesem Dezember die Weihnachtsmärkte in der Schweiz – und damit der Verkauf von Glühwein. Oft bleibt es aber nicht beim Konsum des Getränks: So lassen an verschiedenen Weihnachtsmärkten zahlreiche Besucherinnen und Besucher gerne mal die Tasse mitgehen, in welcher die verschiedenen Getränke verkauft werden.
Denn statt Einweg-Bechern aus Plastik oder Karton verwenden die Betreiberinnen und Betreiber seit drei Jahren neue Tassen aus Porzellan. Wer ein Getränk bestellt, zahlt neben dem Kaufpreis ein Depot für diese Tasse. Diesen Betrag erhält man bei der Rückgabe wieder. Dahinter steckt ein Nachhaltigkeitskonzept: Wie die Stadt Zürich vorgibt, sollen Weihnachtsmärkte auf Einweg-Material verzichten. Stattdessen sollen die Getränke in Steintassen ausgeschenkt werden, die nach der Rückgabe gereinigt und später wieder gebraucht werden können.
So ist es zumindest angedacht. In der Praxis gestaltet sich dies für die Betreiberinnen und Betreiber der Weihnachtsmärkte weniger reibungslos. Wie Katja Weber, Co-Initiantin des Weihnachtsdorfs in Zürich, gegenüber watson sagt, verschwinden beim rund vierwöchigen Betrieb Tausende Tassen. Sie führt aus:
Tassli-Sammeln liegt im Trend
Wie genau sich diese Zahl zusammensetzt, weiss Weber nicht. Einige Tassen würden beim Konsum kaputtgehen, was ebenfalls zur grossen Anzahl an Verlusten beitrage. Dass viele Personen die Tassen als Souvenir mitgehen lassen, sei aber eine Tatsache. «Wir wissen aus unseren Betrieben, dass es Sammlerinnen und Sammler gibt, welche gerne solche Weihnachtsmarkt-Tassen zuhause haben wollen», erklärt sie. In Deutschland gebe es ebenfalls solche Trends.
Auch dieses Jahr werden am Zürcher Weihnachtsdorf die Getränke in schlichten Tassen mit zwei verschiedenen Tiermotiven ausgeschenkt. Schriftzüge oder sonstige Hinweise auf das Weihnachtsdorf fehlen gänzlich. Dies sei absichtlich so gemacht, erklärt Weber. «Dadurch erhoffen wir uns, dass die Tassen nicht als Sammlerstück wahrgenommen und weniger mitgenommen werden.» Auch aus diesem Grund habe man jedes Jahr Tassen mit dem gleichen Design verwendet.
Sammeln widerspricht dem Nachhaltigkeitskonzept
Problematisch ist das Verschwinden der Tassen für die Betreiberinnen und Betreiber grundsätzlich nicht. Die Verlustkosten sind durch die fünf Franken Depot pro Tasse mehr als gedeckt. Allerdings widerspricht dieser Verlust von zahlreichen Tassen dem Nachhaltigkeitskonzept. «Es freut mich zwar, dass den Leuten unsere Tassen als Souvenir gefallen», sagt Weber. Gebe es aber zu viele Verluste, müsste man neue Tassen nachbestellen.
«Wenn Leute also eine Tasse mitnehmen und diese dann ein Jahr lang nur im Schrank steht, macht das ökologisch keinen Sinn», sagt Weber. Denn die Produktion solcher Tassen sei deutlich aufwändiger als diejenige von Einweg-Bechern aus Karton. Werden auch die Steintassen nur einmal am Weihnachtsmarkt verwendet, geht die Rechnung nicht mehr auf.
Mitnehmen ist trotz Depot illegal
Auch aus rechtlicher Sicht sollte man die Tasse eigentlich zurückgeben, wenn man den Glühwein am Weihnachtsmarkt fertiggetrunken hat. Ein Blick ins Strafgesetzbuch zeigt: Diebstahl ist es zwar nicht, wenn man die Tasse mitgehen lässt, schliesslich bekommt man diese am Stand offiziell übergeben. Allerdings gibt es hierfür den Tatbestand der unrechtmässigen Aneignung.
Wie im Strafgesetzbuch festgehalten wird, kann eine solche zu einer Busse oder gar einer Haftstrafe führen. Wer eine Tasse mitnimmt, muss eine solche Strafe zwar nicht befürchten. Denn Konsequenzen drohen nur im Falle von Strafanträgen. Solche seien im Falle der Weihnachtsdorf-Tassen natürlich kein Thema, stellt Weber klar. Illegal bleibt das Mitnehmen der Tasse zumindest auf dem Papier dennoch.
