Mit zwei Klagen will die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) den Autoimporteur Amag und Volkswagen zu Schadenersatzzahlungen zwingen. Am (heutigen) Donnerstag reicht die SKS eine Verbandsklage ein. Amag weist die Vorwürfe und Ansprüche zurück.
Obwohl in der Schweiz keine Sammelklagen möglich sind, wollen die Konsumentenschützer den betroffenen 180'000 Autobesitzern hierzulande zu einem Schadenersatz von je 3000 bis 7000 Franken verhelfen.
Dazu hat die SKS ein neues zweistufiges Klagekonzept entwickelt. In einem ersten Schritt haben die Konsumentenschützer heute in Zürich eine Verbandsklage gegen den Volkswagenkonzern und den Generalimporteur Amag eingereicht, wie die SKS mitteilte.
Volkswagen und Amag sollen die Autokäufer mit den Abgas-Manipulationen widerrechtlich getäuscht haben. «Mit der Verbandsklage lassen wir einen Schweizer Richter prüfen, ob Volkswagen mit den Abgas-Manipulationen Schweizerisches Recht verletzt hat», sagte die SKS-Geschäftsleiterin Sara Stalder.
Drohende Verjährung
Die richterliche Beurteilung der Verbandsklage bilde die Basis für eine darauf folgende Schadenersatzklage. Da die Kunden rund 15 Prozent des Kaufpreises zu viel bezahlt haben dürften, läge der entstandene Schaden zwischen 3000 und 7000 Franken pro Fahrzeughalter.
Die Konsumentenschützer wollen die Klage auf Entschädigung in einem zweiten Schritt noch dieses Jahr einreichen, auch wenn noch kein Urteil betreffend Irreführung vorliege.
Denn ab Januar 2018 drohten die Ansprüche der betroffenen Halter und Halterinnen zu verjähren. Deshalb sollten sich betroffene VW-, Audi- und Skoda-Besitzer möglichst bald dem Klageprojekt des SKS anschliessen, wie es weiter heisst. Der SKS übernehme das Prozessrisiko für jene ohne Rechtsschutzversicherung.
Amag sieht keinen Schaden
Die Amag weist den Vorwurf der Irreführung zurück. Eine solche würde voraussetzen, dass jemand vorsätzlich eine andere Person täuschen wolle - das sei nicht der Fall, sagte Amag-Sprecher Dino Graf auf Anfrage der sda.
«Die von der SKS behaupteten Ansprüche gegen die Amag würden eine widerrechtliche Täuschung voraussetzen, welche nicht vorliegt und von der Amag mit Nachdruck zurückgewiesen wird», führte er aus.
Aus Sicht der Amag sei zudem kein Schaden ersichtlich, so Graf. Die Behauptung der SKS, der Kunde habe durchschnittlich 15 Prozent des Kaufpreises zu viel bezahlt, sei nicht nachvollziehbar.
Gemäss Amag haben Dieselfahrzeuge hierzulande wenig ihres Wiederverkaufswerts verloren. Der Unterschied betrage bei einem Durchschnittspreis von 19'000 Franken, wenn überhaupt, maximal 380 Franken.
Graf betont zudem, Amag habe unmittelbar nach Bekanntwerden des Abgas-Skandals einen Verkaufsstopp für betroffene Neufahrzeuge verhängt. Auch die Bundesanwaltschaft habe festgestellt, dass es keinen Anfangsverdacht gegen die Amag gibt. Die Amag Automobil- und Motoren AG sei ausserdem rechtlich unabhängig von Volkswagen.
Ein Vergleich wahrscheinlich
Für den Rechtsexperten Alexander de Beer aus Zollikon sind die Überlegungen der Konsumentenschützer plausibel. Ihm sei kein Präjudiz bekannt. Bei einzelnen kleineren Fällen, bei denen sich bisher Anleger für Klagen zusammenschlossen, hätten sich die Fälle durch Vergleiche erledigt.
Allerdings könnte sich der anhaltende Reputationsverlust auf das Gesamtgeschäft von Amag und VW niederschlagen, sagte de Beer auf Anfrage der sda weiter. «Es ist deshalb denkbar, dass schliesslich auch VW und Amag eine einvernehmliche Lösung des Falles befürworten.»
Aus Sicht von de Beer ist es unklar, ob die Gerichte nach Einreichen der Schadenersatzklagen diese auch gleich sistierten würden, um das Urteil der Verbandsklage abzuwarten. (sda)