Ein zweiter grosser Bergsturz mit anschliessendem Murgang hat am späten Donnerstagabend das Bündner Südtal Bergell erschüttert. Der Erdrutsch gelangte wie vor rund einer Woche bis vor Bondo. Getroffen wurden Strassen und Häuser. Meldungen über Verletzten gab es keine.
Der Murgang hatte sich am Donnerstag um 21.30 Uhr während eines starken, halbstündigen Gewitters mit lauten Geräuschen angekündigt. Mehrere Felsstürze waren am Grenzberg Piz Cengalo zu hören gewesen, wie die Gemeinde Bregaglia in der Nacht auf Freitag mitteilte.
Die Mure nach den Gesteinsabstürzen wälzte sich danach durch das Seitental Val Bondasca bis ins Auffangbecken vor Bondo in der Bergeller Talsohle. Sie füllte das in den letzten Tagen teilweise entleerte Becken, passierte die neue Kantonsstrasse und füllte auch das Bachbett der Maira.
Zudem zerstörte der Erdrutsch Stromleitungen in Promontogno, so dass das Licht ausfiel. Der Ort Promontogno liegt ebenfalls im Bereich des Bergsturzgebietes, auf einer leichten Anhöhe neben Bondo auf der linken Talseite.
Per Helikopter gerettet
Nach Angaben der Gemeinde Bregaglia wurde auch die alte Kantonsstrasse auf der rechten Talseite mit Schlamm überdeckt. Dadurch blockierte der Murgang die Durchfahrt durch das Bergell auf den Strassen.
Die Bewohner und Hotelgäste im Ortsteil Spino gegenüber von Bondo wurden in Sicherheit gebracht. Einwohnerinnen und Einwohner hätten mit Sack und Pack fluchtartig das gefährdete Gebiet verlassen, berichtete ein SRF-Reporter vor Ort.
Zwei ältere Erwachsene wurden in einem Gebäude eingeschlossen. Die Rega konnte sie mit einer Winde unverletzt bergen. In Spino beschädigte der Erdrutsch mehrere Häuser. In Promontogno, im Ortsteil Sotoponte, und in Bondo wurden Häuser komplett zerstört. Einige beim ersten Bergsturz am Mittwoch letzter Woche verschonte Strassen von Bondo wurden mit Schlamm überflutet.
«Dramatisch für die Leute»
Christian Gartmann, Sprecher der Gemeinde Bregaglia, sagte der Nachrichtenagentur sda am frühen Freitagmorgen, es lägen keine Meldungen über Verletzte vor. Dem Onlineportal von SRF berichtete Gartmann, die Situation sei für die Leute in der Nacht im Bergsturzgebiet «dramatisch gewesen mit dem Lärm und der Kulisse».
Noch nicht fassbar in der Nacht auf Freitag war das ganz Ausmass des Ereignisses. Gartmann beschrieb es als «gross».
Acht Tote beim ersten Bergsturz
Ein neuerlicher Bergsturz mit Murgang im italienischsprachigen Bergell war nach dem Ereignis vom Mittwoch letzter Woche erwartet worden. Am Grenzberg Piz Cengalo befanden sich 500'000 bis eine Million Kubikmeter Gestein in akuter Absturzgefahr. Die Wetterdienste hatten am Donnerstag grosse Regenmengen angekündigt.
Drei Millionen Kubikmeter Fels waren beim ersten grossen Bergsturz am Mittwoch letzter Woche abgebrochen, als sich der Murgang danach ein erstes Mal bis vor Bondo ins Haupttal Bergell wälzte. Sechs Berggänger - vier aus Deutschland und je zwei aus Österreich und der Schweiz - kamen wohl ums Leben.
Die Suche nach ihnen wurde eingestellt. Über das ganze Absturzgebiet, das nicht betreten werden darf, verhängten die Behörden ein Flugverbot, das auch für Drohnen gilt. (sda)