Die politische Krise im Irak hat sich am Samstag noch einmal zugespitzt: Aufgebrachte irakische Demonstranten stürmten bei einem Protest für politische Reformen die stark gesicherte «Grüne Zone» der Hauptstadt Bagdad und das Parlament.
In der Zone neben dem Parlament liegen auch der Regierungssitz und zahlreiche Botschaften. TV-Bilder am Samstag zeigten, wie Hunderte Anhänger des schiitischen Predigers Muktada al-Sadr im Abgeordnetenhaus Sprechchöre anstimmten und irakische Fahnen schwenkten. Auch in den Sitzungssaal drangen sie ein.
Die Protestierenden blockierten einen Ausgang des Regierungsviertels mit Stacheldraht und hinderten Abgeordnete so, vor dem Chaos zu fliehen. Mehrere Wagen, in denen Abgeordnete vermutet wurden, wurden attackiert.
Al-Sadr und seine Anhänger protestieren seit Monaten regelmässig für Reformen. Sie fordern ein Kabinett aus Technokraten.
Politische Lähmung
Das Land ist seit Monaten politisch gelähmt. Angesichts von Massenprotesten und immer lauteren Reformforderungen versucht Ministerpräsident Haidar al-Abadi seit Wochen, sein Regierungsteam durch ein neues Kabinett aus Experten zu ersetzen.
Bisher werden wichtige Posten nach politischen und konfessionellen Kriterien vergeben. Mehrere Parteien stemmen sich gegen eine Expertenregierung, weil sie dann die Kontrolle über wichtige Ministerien verlieren würden.
Erst am Dienstag war es im Parlament zu Tumulten gekommen. Aufgebrachte Abgeordnete hatten Al-Abadi mit Wasserflaschen beworfen und auch Parlamentspräsident Salim al-Dschuburi am Reden gehindert, wodurch eine Abstimmung über die Kabinettsliste unmöglich geworden war. (sda/dpa/afp)