Fraktionen fühlen Bundesratskandidaten auf den Zahn

Fraktionen fühlen Bundesratskandidaten auf den Zahn

12.09.2017, 15:00

Heute Nachmittag fühlen die ersten Fraktionen den drei Bundesratskandidaten der FDP auf den Zahn. Ignazio Cassis, Isabelle Moret und Pierre Maudet werden reihum von SVP, CVP und Grünen angehört.

Die Hearings finden hinter verschlossenen Türen statt. Die Kandidierenden werden während rund einer halben Stunde zu politischen, aber auch zu persönlichen Themen befragt. Welchen Einfluss die Antworten auf das Wahlverhalten der Fraktionsmitglieder haben, bleibt ein Geheimnis.

Eine Fraktion ist möglicherweise tatsächlich auf zusätzliche Informationen angewiesen, eine andere hat ihre vielleicht Meinung längst gemacht. Die Mitglieder der Bundesversammlung entscheiden aber ohnehin frei und in geheimer Abstimmung, wem sie ihre Stimme geben wollen.

Die Journalistinnen und Journalisten sind zunächst auf jene Informationen angewiesen, die ihnen die Fraktionsmitglieder in den Gängen des Bundeshauses zustecken. Möglicherweise berichten auch die Kandidierenden, wie es ihnen im gerade zu Ende gegangenen Hearing ergangen ist.

Stunde der Taktiker

Am späten Nachmittag informieren die Fraktionen dann offiziell über ihre Erkenntnisse. Bis gegen Abend dürfte klar sein, ob sie einen bestimmten Kandidaten oder eine Kandidatin unterstützen, ob sie sich von jemandem distanzieren oder ob sie ihren Mitgliedern freie Hand lassen. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass die Fraktionsspitzen aus taktischen Gründen nicht alle Informationen preisgeben.

Am kommenden Dienstag folgen die Hearings mit den übrigen Fraktionen. Die letzten Absprachen werden am Vorabend der Wahl im Berner Luxushotel Bellevue getroffen: Parteichefs und Politstrategen diktieren den Journalisten Prognosen und Analysen ins Mikrofon, während abseits der Kameras die Königsmacher die Strippen ziehen.

Tessiner Favorit

Allerdings hat sich in den Monaten seit Bundesrat Didier Burkhalters Rücktrittsankündigung nichts Wesentliches an der Ausgangslage geändert. Der Tessiner Nationalrat Ignazio Cassis hat seinen Vorsprung trotz des einen oder anderen Fehltritts nicht verschenkt. Er gilt nach wie vor als Favorit für die Nachfolge von Burkhalter.

Cassis' stärkster Trumpf ist seine Herkunft. Das Tessin wartet seit dem Rücktritt von Flavio Cotti 1999 auf eine Vertretung in der Landesregierung. Ein weiterer Bundesrat aus der Romandie würde einen Tessiner Sitz auf Jahre hinaus verhindern.

Offenes Rennen

Doch die Konkurrenz sitzt Cassis im Nacken. Die Waadtländerin Isabelle Moret darf auf Stimmen der Frauen und der Linken hoffen. Auch bei ihrem Auftritt vor Bauern-Vertretern am Montag hat sie dem Vernehmen nach gut abgeschnitten.

Eine eigentliche Aufholjagd hat jedoch der Genfer Staatsrat Pierre Maudet gezeigt: Vor wenigen Wochen war er in Bundesbern noch weitgehend unbekannt. Inzwischen dürfte der als überaus fähig geltende 39-Jährige manchen Bundesparlamentarier von sich überzeugt haben. Die Würfel fallen am 20. September. (sda)

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