Fachstelle Zwangsheirat betreut immer mehr Kinder

Fachstelle Zwangsheirat betreut immer mehr Kinder

19.01.2017, 12:44

Die Fachstelle Zwangsheirat betreute im letzten Jahr deutlich mehr Fälle von Minderjährigen, die gegen ihren Willen verheiratet wurden oder werden sollten. 51 unter 16-Jährige suchten 2016 bei der Fachstelle Rat.

Zum Vergleich: Von 2005 bis 2015 wurden insgesamt nur fünf Fälle registriert. Anu Sivaganesan, Leiterin der Fachstelle Zwangsheirat, bestätigt am Donnerstag eine Meldung der Zeitungen «St. Galler Tagblatt» und «Luzerner Zeitung».

«Die steigende Zahl der Beratungen bildet aber nicht nur eine Zunahme der Zwangsehen von Minderjährigen ab», betont Sivaganesan. Denn heute sei auch die Öffentlichkeit sensibilisierter, was zu mehr Meldungen führe. So würden sich unter anderem Lehrmeister bei ihr melden und Unterstützung für eine betroffene Lehrtochter anfordern.

Gemäss einem Bericht des Bundes von 2012 sind in der Schweiz vor allem junge Frauen aus den Balkanländern, der Türkei und Sri Lanka von Zwangsheirat betroffen. 91 Prozent der Personen sind in der Schweiz geboren oder aufgewachsen.

Die Fachstelle Zwangsheirat betreut aber auch Betroffene aus der neuen Migrationswelle, etwa aus Syrien, Afghanistan, Eritrea, Somalia, dem Irak oder der Türkei. Gerade in diesen Gebieten wird gemäss Sivaganesan eine steigende Zahl von Minderjährigenheiraten festgestellt.

Seit 2013 explizit verboten

Zwangsheirat ist in der Schweiz seit 2013 explizit unter Strafe gestellt, es sind höhere Strafen möglich. Im ersten Jahr der Gesetzesänderung wurden gemäss Kriminalstatistik zwei Anzeigen wegen Zwangsheirat eingereicht, im Jahr 2014 drei und im Jahr 2015 dreizehn.

Das neue Gesetz sei «kein Wundermittel», sagt Sivaganesan. Es brauche noch Zeit, bis es sich entfalte. Zudem seien Begleitmassnahmen nötig. Für Betroffene brauche es Schutz- und Anschlusslösungen. Sie müssten etwa bei einer Namensänderung oder einem Kantonswechsel unterstützt werden. Die Stadt Bern sei in dieser Hinsicht vorbildlich, «das Berner Modell sollte in der ganzen Schweiz Schule machen», so Sivaganesan. (sda)

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