Keine Einigung über Neuverteilung der Bahn-Fernverkehrslinien

Keine Einigung über Neuverteilung der Bahn-Fernverkehrslinien

16.02.2017, 13:12

Die beiden Privatbahnen BLS und SOB möchten gewisse Fernverkehrslinien selber betreiben. Die Gespräche mit der SBB über die Neuverteilung der Konzessionen sind jetzt aber gescheitert. Der Ball liegt nun beim Bundesamt für Verkehr (BAV).

Beim einem Spitzentreffen am Mittwoch habe sich gezeigt, dass trotz intensiver Verhandlungen keine einvernehmliche Lösung gefunden werden könne, teilte das Bundesamt für Verkehr (BAV) am Donnerstag der Nachrichtenagentur sda mit. Es sei deshalb «nicht sinnvoll», den Einigungsprozess weiterzuführen.

Die Gespräche über die Vergabe der künftigen Fernverkehrskonzessionen dauerten seit Herbst 2016 an. Vor allem die Wünsche der SBB und der BLS hätten nicht in Einklang gebracht werden können, sagte BAV-Sprecher Andreas Windlinger auf Anfrage.

Vorwürfe an BLS

Die SBB wollte die Konzessionen in Kooperation mit der BLS und der Südostbahn (SOB) erneuern und schlug eine partnerschaftliche «Mehrbahnlösung mit einheitlicher Konzession» vor. Im Gegensatz zur SOB habe die BLS jedoch auf einer Lösung mit einer eigenen Konzession beharrt, teilte die SBB in einer Stellungsnahme mit.

Nach SBB-Schätzungen würden sich die Gesamtsystemkosten dadurch um 20 bis 30 Millionen Franken pro Jahr erhöhen. Denn zum einen müsste zusätzliches Rollmaterial beschafft werden. Ausserdem müsste der Zugverkehr neu geplant werden, und gewisse Mitarbeitende müssten den Arbeitgeber wechseln.

Diese Kosten müssten von den Kunden und von Bund und Kantonen gedeckt werden. Allein für die SBB hätte die Umsetzung des BLS-Vorschlages 100 Millionen Franken weniger Gewinn zur Folge. Davon wäre die Einhaltung des Schuldendeckungsgrades, sowie Investitionen und Innovationen betroffen.

«Besseres Angebot»

Die BLS ihrerseits zeigte sich in einer Mitteilung überzeugt, dass sie «das Angebot mit mehr und attraktiveren Linien deutlich verbessern» würde. Dank innovativen Ansätzen werde der öffentliche Verkehr wettbewerbsfähiger und finanziell entlastet. Davon würden auch Bund, Kantone und die Kunden spürbar profitieren.

Zu den Herausforderungen für die BLS sagte CEO Bernard Guillelmon anlässlich einer Medienkonferenz von BLS-Cargo in Bern, der Fernverkehr sei «nicht zentral anders als ein Regionalexpress». Sein Unternehmen verfüge bereits heute über das nötige Knowhow in diesem Bereich. Und auch die Frage des Rollmaterials sei keine unüberwindbare Hürde.

Konzessionen laufen aus

Bisher betreibt die SBB alle Fernverkehrslinien selber, das heisst die Intercity und die Intercity-Neigezüge, die Eurocity-, die Interregio- und die Regioexpress-Verbindungen. Im Dezember 2017 aber läuft der Grossteil der Konzessionen aus und wird deshalb vom BAV neu vergeben.

Die SOB interessiert sich nach eigenen Angaben für den Betrieb der Gotthard-Bergstrecke. In der Ostschweiz will sie ausserdem den Rheintal-Express mit einem Interregio zwischen Zürich und St. Gallen verknüpfen, um Direktverbindungen von Zürich nach Chur anbieten zu können.

Die BLS will ihr Regio-Express-Netz ausweiten und möchte nach Informationen der «SonntagsZeitung» einige SBB-Hauptverkehrslinien im Mittelland betreiben. Sie befinde sich nun in «einer Konkurrenzsituation» und werde sich vor der Eingabe des Gesuchs nicht detailliert zu ihrem Angebot äussern, hiess es dazu bei der BLS.

Entscheid bis Ende Jahr

Die drei Bahnunternehmen können bis drei Monate vor dem Fahrplanwechsel ihre Gesuche für die Konzessionen einreichen. SBB und BLS kündigten bereits an, das auch zu tun. Ein Entscheid über die Vergabe werde voraussichtlich bis Ende Jahr fallen, hiess es seitens des BAV.

Sollten sich Änderungen ergeben - also gewisse Fernverkehrslinien nicht mehr exklusiv von der SBB betrieben werden - könnte es auch zu einer Übergangsfrist bis zum Fahrplanwechsel in einem der nächsten Jahre kommen, sagte Windlinger. Denn Fragen wie zum Beispiel zum Rollmaterial müssten zuerst gelöst werden.

Das BAV vergibt die Konzessionen in der Regel für zehn Jahre. Darin werden die Betreiber unter anderem verpflichtet, gewisse Vorgaben einzuhalten, wie ein Mindestangebot an Verbindungen und Halteorten oder über Zugbegleitungen und Verpflegungsmöglichkeiten. Nach Angaben des BAV werden im gesamten Fernverkehrsnetz jährliche Gewinne in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe erwirtschaftet. (sda)

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