Brexit: Schon zwei Kandidaten aus Rennen um Cameron-Nachfolge ausgeschieden

Brexit: Schon zwei Kandidaten aus Rennen um Cameron-Nachfolge ausgeschieden

05.07.2016, 22:44

Im Rennen um die Nachfolge des britischen Premierministers David Cameron sind am Dienstag bereits zwei von fünf Kandidaten ausgeschieden. Ex-Verteidigungsminister Liam Fox und Arbeitsminister Stephen Crabb.

Fox schied nach dem ersten Wahlgang der Fraktion von Camerons Konservativer Partei als Letztplatzierter automatisch aus. Kurz darauf zog auch Crabb seine Kandidatur zurück. Beide stellten sich hinter Favoritin Theresa May.

Für Innenministerin May stimmten 165 der 330 Tory-Abgeordneten. Auf den zweiten Platz kam Energie-Staatssekretärin Andrea Leadsom mit 66 Stimmen, gefolgt von Justizminister Michael Gove mit 48 Stimmen. Crabb erhielt 34 und Fox 16 Stimmen.

Nach einem weiteren Wahlgang am Donnerstag bleiben die beiden bestplatzierten Kandidaten übrig, über die dann die rund 150'000 Parteimitglieder per Briefwahl abstimmen. Das Ergebnis soll am 9. September feststehen.

Die Kandidatenwahl ist auch für den künftigen Kurs Grossbritanniens nach dem EU-Referendum vom 23. Juni wichtig, bei dem eine knappe Mehrheit von 52 Prozent der Briten für einen Austritt ihres Landes aus der EU gestimmt hatten.

Innenministerin May gilt als Euroskeptikerin, hatte sich aber dem von Cameron angeführten Lager der Brexit-Gegner angeschlossen. Sie will sich mit dem Antrag auf einen Austritt aus der EU Zeit lassen.

Als Konsequenz aus dem Votum hatte Premierminister Cameron seinen Rücktritt angekündigt, die Brexit-Verhandlungen mit Brüssel soll sein Nachfolger führen. An dem Wahlgang am Dienstag nahm Cameron nicht teil.

Johnson stellt sich hinter Leadsome

Der frühere Londoner Bürgermeister Boris Johnson hatte sich vor dem Votum der Abgeordneten hinter Leadsom gestellt. Sie bringe den «Schwung» und die «Entschlossenheit» mit, die der nächste Regierungschef des Landes benötige, erklärte Johnson.

Johnson, der einer der Wortführer des Brexit-Lagers war, hatte am Donnerstag überraschend auf seine Kandidatur verzichtet, nachdem ihm sein Mitstreiter Gove die Eignung für das Amt abgesprochen und selbst kandidiert hatte.

Am Montag war mit dem Chef der rechtspopulistischen Partei Ukip, Nigel Farage, dann noch ein zweiter Brexit-Vorkämpfer zurückgetreten. Mit der Entscheidung für einen EU-Austritt habe er sein politisches Ziel erreicht, erklärte Farage zur Begründung.

Ätzende Kritik von Juncker

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker äusserte am Dienstag scharfe Kritik an Johnson und Farage. «Die strahlenden Brexit-Helden von gestern sind nun die traurigen Helden von heute», sagte er vor dem Europaparlament in Strassburg. Die Anführer des Brexit-Lagers verliessen nun das «sinkende Schiff».

Aus der EU-Kommission kam auch Kritik an britischen Steuersenkungsplänen. Der Vorstoss des britischen Finanzministers George Osborne sei «keine gute Initiative», sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. Er warnte vor «übersteigertem Steuerwettbewerb oder Steuerdumping».

Osborne hatte angekündigt, die Körperschaftssteuer auf unter 15 Prozent senken zu wollen. Die britische Regierung will damit nach dem Brexit-Votum Unternehmen im Land halten.

Rolle des Parlaments unklar

Unklar war am Dienstag, ob das britische Parlament dem Antrag auf einen Austritt zustimmen muss. Nach Aussage des Chefs der neuen Brexit-Kommission, Oliver Letwin, fällt es unter das «königliche Vorrecht» (Royal Prerogative) der Regierung, den Austrittsprozess nach Artikel 50 des EU-Vertrags auszulösen.

Dies sei zumindest die Auffassung der juristischen Berater der Regierung, sagte Letwin vor dem aussenpolitischen Parlamentsausschuss. Doch werde diese Frage sicherlich vor Gericht landen, sagte er voraus.

Die britische Anwaltskanzlei Mishcon de Reya hatte gerichtliche Schritte für den Fall angekündigt, dass die Regierung den Austrittsprozess ohne Beteiligung des Parlaments auslöst.

Nach Angaben Letwins ist es in jedem Fall aber Aufgabe des Parlaments, das Gesetz von 1972 zu widerrufen oder «beträchtlich abzuändern», das den Beitritt Grossbritanniens zur EU regelt. (sda/afp/reu/dpa)

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