Den Stanley Cup haben die Buffalo Sabres noch nie gewonnen. Dafür aber die Herzen aller Fans mit Sinn für Humor.
Der Amateur Draft 1974 zieht sich ewig in die Länge. Die Klubvertreter treffen sich nicht an einem Ort, sondern werden Runde für Runde vom NHL-Präsidenten Clarence Campbell angerufen.
Das dauert. Denn Campbell rattert erst die Namen der bereits gedrafteten Spieler herunter und bittet dann einen Klubvertreter um den Namen des Spielers, dessen Rechte sich sein Team sichern will.
George Imlach langweilt das Prozedere mit fortschreitender Dauer. Der General Manager der Buffalo Sabres schmiedet deshalb einen Plan: Er will alle anderen an der Nase herumführen.
Und so wird Taro Tsujimoto von den Tokio Katanas der erste in der NHL gedraftete Japaner. Ein 1,72 m grosser und 19 Jahre alter Center – den es gar nicht gibt.
«Ich weiss gar nicht mehr, wie wir auf die Idee gekommen sind», sagt Paul Wieland, der der PR-Verantwortliche der Sabres war und das Buch «Taro lives!» verfasst hat. «Aber wir fanden es grossartig, einfach einen Spieler zu erfinden.» Also hätten sie es durchgezogen. «Es war Pauls Einfall, da bin ich mir sicher», ist Floyd Smith, der damalige Head Coach überzeugt. «Und Imlach war sofort dabei bei allem, was Potenzial hatte, die NHL aufzurütteln.»
Sicher ist, dass es auf Wielands Mist wächst, dass der potenzielle NHL-Star Japaner ist. «Als ich noch das College besuchte, fuhr ich stets an einem Schild der ‹Tsujimoto Farm› vorbei. Dieser Name blieb mir immer im Gedächtnis.» Der Nachname ist also rasch gefunden.
Nun geht es an die Feinarbeit. «Sie haben meinen Vater angerufen», erinnert sich Paul Tsujimoto, der Sohn des Farmbesitzers. Die Verantwortlichen der Buffalo Sabres hätten sich nach einem populären japanischen Vornamen erkundigt. Daraufhin habe ihr Vater Taro empfohlen. «Er gab ihnen auch die Auskunft, dass ‹Sabres› auf japanisch ‹Katanas› heisst, ein Katana ist ein Samuraischwert.»
Und so kommt es, dass George Imlach, als ihn der NHL-Präsident nach dem Elftrunden-Draft der Buffalo Sabres fragt, antwortet: «Taro Tsujimoto von den Tokio Katanas.» In Buffalo halten sich Imlach und Wieland die Hände vors Gesicht, um nicht loszuprusten. Der Jux geht auf. Die NHL kriecht dem Duo auf den Leim – und mit ihr der Rest der Eishockey-Welt.
«Wir beschlossen, dass wir niemandem etwas verraten», schildert Wieland weiter. Nicht einmal die Klubbesitzer ahnen etwas. «Imlach hat den Reportern erzählt, dass wir zwar keine Vollzeit-Scouts in Fernost hätten, aber dass wir Tsujimoto beobachten liessen. Er hoffe, er reise zum Vorbereitungscamp an.»
Weil niemand den Japaner je gesehen hat, werden auch einige Reporter zu Erfindern. «Einer hat behauptet, Taro trainiere im Himalaya. Ein anderer hat geschrieben, das sei der schnellste Eishockeyspieler der Welt», weiss Sabres-Materialwart Rip Simonick noch.
Doch als nach einigen Monaten die Saisonvorbereitung beginnt, taucht kein Taro Tsujimoto auf. Seinen Namen haben die Sabres zwar auf die Spielerliste gesetzt, auch ein Spind ist schon angeschrieben. Doch allmählich sickert durch, dass der Japaner frei erfunden ist. NHL-Präsident Campbell soll den Streich dem Vernehmen nach nicht annähernd so lustig gefunden haben wie das Sabres-Duo Imlach/Wieland …
Die Legende des Taro Tsujimoto lebt bis heute, die Sabres kultivieren sie auch. So sieht man immer wieder Fans mit einem Trikot mit seinem Namen und der Rückennummer 74 im Stadion. Nur aus den offiziellen NHL-Büchern ist der 183. Pick des Drafts 1974 verschwunden – mit dem Vermerk, dass die Buffalo Sabres in der elften Runde eine ungültige Wahl getroffen haben.
On June 13th the Katanas will retire Taro Tsujimoto's no. 13. First 3,000 fans will get a collectible card #Faux pic.twitter.com/UWpk3o0UID
— Tokyo Katanas (@_TokyoKatanas) July 1, 2013
Doch die NHL weiss auch, was sie an dieser Legende hat. Als Panini 2011 ein Sammelbild des Japaners produziert, dauert es «weniger als zehn Minuten», bis die Liga ihr Okay gibt, sagt Al Muir von Panini, «sie war sofort Feuer und Flamme.» Etwas länger dauert es, bis auch die Spielergewerkschaft grünes Licht gibt.
Fragt sich nur noch, wer auf der Sammelkarte abgebildet ist. Taro Tsujimoto ist es kaum. Oder zeigt die Aufnahme tatsächlich den «Stolz von Tokio»?
Diese Art der Berichterstattung wird bis heute von einigen Chronisten gepflegt.