Im Machtkampf in Gambia zwischen dem abgewählten Präsidenten und seinem Nachfolger rückt eine militärische Intervention immer näher. Mehrere Regionalmächte bereiten sich auf ein Eingreifen in dem westafrikanischen Land vor.
Noch wird verhandelt um den bisherigen Amtsinhaber Yahya Jammeh zum Machtverzicht zu bewegen.
Wahlsieger Adama Barrow wurde unterdessen am Donnerstag als neuer Staatschef Gambias vereidigt. Er musste den Amtseid allerdings in der gambischen Botschaft im Senegal ablegen. Die Zeremonie wurde im staatlichen Fernsehen übertragen.
Der seit 22 Jahren mit harter Hand regierende Jammeh will auch nach dem offiziellen Ablauf seiner Amtszeit am Mittwoch nicht abtreten. Daher kann Barrow zunächst nicht zurück nach Gambia.
Ein Sprecher der senegalesischen Armee sagte, Truppen seien unterwegs zur Grenze mit Gambia, dessen Staatsgebiet bis auf die Küste komplett von Senegal umschlossen wird. Die westafrikanische Regionalmacht Nigeria schickte 200 Soldaten in die senegalesische Hauptstadt Dakar. Dazu kämen Transportflugzeuge, ein Kampfjet, ein Überwachungs- und Aufklärungsflugzeug sowie ein Helikopter, wie die nigerianische Luftwaffe mitteilte.
Auch Ghana erklärte sich bereit, rund 200 Soldaten nach Gambia zu schicken. Der UNO-Sicherheitsrat wollte am Donnerstag über einen Resolutionsentwurf abstimmen, welcher der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) ein militärisches Eingreifen in Gambia ermöglichen soll. Trotz des grossen internationalen Drucks deutete aber nichts darauf hin, dass Jammeh zum Einlenken bereit ist.
Chaotisches Hin und Her
Jammeh hatte seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl Anfang Dezember zunächst eingestanden. Eine Woche später verlangte er aber plötzlich eine Wiederholung der Wahl und reichte beim Obersten Gericht eine Klage gegen das Wahlergebnis ein.
Am Mittwochabend verhängte Jammeh dann den Ausnahmezustand in Gambia. Das Parlament stimmte zu. Jammeh begründete die Massnahme im Staatsfernsehen mit einer «beispiellosen und aussergewöhnlichen ausländischen Einmischung» in die Präsidentschaftswahl.
Der gambische Generalstabschef Ousman Badjie erklärte unterdessen, er habe seinen Truppen keinen Befehl zur Gegenwehr gegeben, sollten afrikanische Nachbarländer eingreifen. «Das ist ein politischer Streit», betonte Badjie.
Auch der Polizeichef Ousman Sonko sagte, keine Befehle mehr von Jammeh annehmen zu wollen. Badjie und Sonko seien nur noch dem neuen Präsidenten verpflichtet, erklärte ein ranghoher Geheimdienstmitarbeiter am Donnerstag.
Mauretaniens Präsident Ould Abdel Aziz unternahm am Mittwoch einen vorerst letzten Vermittlungsversuch. Er traf sich in Gambias Hauptstadt mit Jammeh und sprach in Dakar mit Barrow und dem senegalesischen Staatschef Macky Sall. Einen Durchbruch konnte Aziz nicht verkünden, er wollte seine Bemühungen aber fortsetzen, wie aus seinem Umfeld verlautete.
Touristen nehmen Reissaus
Jammeh regiert Gambia seit 22 Jahren autokratisch. Der 51-Jährige hatte sich 1994 an die Macht geputscht und wurde seitdem stets wiedergewählt. Die frühere britische Kolonie Gambia gehört einem UNO-Index zufolge zu den 20 ärmsten Ländern der Welt. Neben der Landwirtschaft ist in dem Staat mit etwa zwei Millionen Einwohnern der Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftszweige.
Europäische Reiseveranstalter begannen allerdings am Mittwoch, Feriengäste in ihre Heimatländer zurückzubringen.
Das Aussendepartement in Bern rät von Reisen nach Gambia ab. Eine militärische Intervention der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft und somit ein bewaffneter Konflikt könnten nicht ausgeschlossen werden, heisst es auf der Website des Eidg. Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Bei Unruhen könne zudem nicht ausgeschlossen werden, dass Flüge vorübergehend eingestellt und die Grenzübergänge geschlossen werden. (sda/dpa/afp)