Zehntausende Kurden nehmen Abschied von Iraks Ex-Präsident Talabani

Zehntausende Kurden nehmen Abschied von Iraks Ex-Präsident Talabani

06.10.2017, 18:24

Iraks kurdischer Ex-Präsident Dschalal Talabani ist am Freitag unter grosser Anteilnahme in Suleimanija beigesetzt worden. Zehntausende Kurden nahmen in der nordirakischen Stadt Abschied von dem Politikveteran.

Die Menschenmenge war so gross, dass der Konvoi mit dem Leichnam des Kurdenpolitikers erst mit mehrstündiger Verzögerung den Flughafen von Suleimanija verlassen konnte. Die Menge schwenkte grüne Fahnen der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), die Talabani 1975 gegründet hatte. Weinende Menschen versuchten den Sarg zu küssen, als er in Suleimanija schliesslich in einer Moschee eintraf.

Der Politikveteran war am Dienstag nach langer Krankheit im Berliner Charité-Spital gestorben. Sein Tod fällt mitten in den Konflikt um die kurdische Unabhängigkeitsabstimmung.

Talabanis Gesundheitszustand hatte sich kurz vor der umstrittenen Abstimmung vom 25. September so verschlechtert, dass er in die Klinik gebracht werden musste. Er war bereits im Dezember 2012 nach einem Schlaganfall in Deutschland behandelt worden.

«Freund und Bruder»

Als Talabani 2005 zum Präsidenten gewählt wurde, war er der erste Kurde an der Spitze des irakischen Staates. Er genoss wegen seines Einsatzes für die Versöhnung der Volksgruppen breiten Respekt.

Der Präsident der kurdischen Autonomieregion Massud Barsani würdigte ihn nach seinem Tod als «Freund und Bruder», Iraks Ministerpräsident Haider al-Abadi lobte seinen Beitrag zum Aufbau eines «föderalen Iraks».

Bei der Ankunft von Talabanis Leichnam in Suleimanija legten Barsani und der irakische Staatschef, der Kurde Fuad Massum, Kränze am Sarg nieder. Auch der kurdische Ministerpräsident Netschirwan Barsani, Irans Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif, der irakische Parlamentspräsident Salim al-Dschuburi sowie Vertreter der Kurden im Iran, der Türkei und Syrien erwiesen Talabani die letzte Ehre.

Begleitet wurde der Sarg auf dem Flug aus Deutschland von der Witwe Hero und ihren Söhnen. Nach einer Trauerfeier in einer Moschee wurde Talabani in der Nähe seines Hauses und Büros beigesetzt. Es ist das erste Mal seit Gründung der irakischen Republik 1952, dass der Tod eines Ex-Präsidenten derartige Anteilnahme findet. Die meisten von Talabanis Vorgängern wurden hingerichtet oder starben im Exil.

Ungewisse Zukunft

Talabani hatte seit seiner Jugend für das Recht der Kurden auf Selbstbestimmung gekämpft. Er starb wenige Tage nach dem umstrittenen Votum der Kurden im Nordirak für die Abspaltung von Bagdad. Die Unabhängigkeitsabstimmung hat zu einem offenen Konflikt mit der Zentralregierung geführt, die alle internationalen Flüge in die Autonomieregion ausgesetzt hat. Die Konsequenzen des Votums sind bislang ungewiss. (sda/afp)

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