Bergell nach neuerlichem Murgang von Umwelt abgeschnitten

Bergell nach neuerlichem Murgang von Umwelt abgeschnitten

01.09.2017, 12:16

Ein grosser Teil des Bergells ist von der Umwelt abgeschnitten. Ein weiterer Murgang in Bondo und ein überlaufender Bach am Malojapass unterbrachen in der Nacht auf Freitag die Strassen an beiden Enden des Tals.

Am Fuss des Malojapasses wurde die einzige Verbindung ins Engadin, die Malojastrasse, auf mehreren hundert Metern Länge mit Geröll bedeckt, wie Christian Gartmann, Sprecher der Gemeinde Bregaglia, der Nachrichtenagentur sda sagte. Das Geröll brachte einen Bach, der gegen drei Uhr die Strasse überflutete.

Offenbar sind die Geröllmengen aber relativ gering. «Wir hoffen, dass wir die Strasse bis Freitagabend frei bekommen», sagte Gartmann.

Schwerwiegender sind die neuen Verschüttungen in Bondo. Nach einem Gewitter und kleineren Bergstürzen walzte sich um halb zehn Uhr am Donnerstagabend erneut ein Murgang durch das Val Bondasca bis nach Bondo. Einmal mehr wurde die Talhauptstrasse überschwemmt und weiter beschädigt.

Erstmals ergossen sich die Geröllmassen über den Bergfluss Maira auf die andere Seite des Tales und deckten dort die alte Talstrasse zu, welche als Umleitung um Bondo diente. Die Räumung dieser Verbindung aus dem Bergell in Richtung Italien dürfte nach ersten Schätzungen mehrere Tage dauern.

Spino ebenfalls evakuiert

Ebenfalls zum ersten Mal erreichte Geröll die Ortschaft Spino, die auf der anderen Talseite gegenüber von Bondo liegt. Mehrere Häuser wurden beschädigt. Die Bewohner und Hotelgäste wurden in Sicherheit gebracht.

Einwohnerinnen und Einwohner hätten mit Sack und Pack fluchtartig das gefährdete Gebiet verlassen, berichtete ein SRF-Reporter vor Ort. Zwei ältere Erwachsene wurden in einem Gebäude eingeschlossen. Die Rega barg sie mit einer Winde. Alle Evakuierten seien unverletzt und im Trockenen, sagte Gartmann. Einige seien im nahegelegenen Talspital untergebracht worden.

Im evakuierten Bondo wurden mehrere Häuser zerstört. Im Nachbarort Promontogno wurden zwei Gebäude beschädigt, aber keine Wohnhäuser. Bis jetzt wurde aus Promontogno niemand evakuiert. Das Dorf liegt etwas höher als Bondo.

In Bergell stehen fünfzig Personen von Zivilschutz, Militär, Feuerwehr und Gemeinde im Einsatz. Der Fokus liegt auf der Räumung der Verbindung ins Engadin und auf den Sicherheitsmassnahmen für die Einsatzkräfte.

Hohe Gefahr weiterer Murgänge

Die Gefahr weiterer Felsstürze und Murgänge sei hoch, erklärte Gartmann. Am Piz Cengalo könnten jederzeit Gesteinsmassen mit einem Volumen von bis zu einer Million Kubikmeter abstürzen. Auch die Gefahr weiterer Murgänge sei hoch und steige mit der Regenmenge. Allerdings erwarte man eher eine Entspannung der Niederschlagssituation.

Die Behörden hatten bereits am Donnerstag vor erneuten Murgängen gewarnt. Der Regen könne destabilisierend wirken, hiess es. Gemäss MeteoSchweiz sind bei der Messstation in Vicosoprano nahe Bondo in den letzten zwölf Stunden (Stand Freitagmorgen, 9 Uhr) über 60 Millimeter Regen gefallen. Dies seien für die Region keine aussergewöhnlichen Mengen.

Am Nachmittag wurden einzelne Schauer erwartet. In der Nacht auf Samstag, vor allem in der ersten Nachthälfte, soll es in der Region noch einmal regnen. Allerdings weniger stark als in der vergangenen Nacht. Danach dürfte es in den nächsten Tagen in der Region keine wesentlichen Niederschläge mehr geben.

Acht Tote beim ersten Bergsturz

Ein neuerlicher Bergsturz mit Murgang im italienischsprachigen Bergell war nach dem Ereignis vom Mittwoch letzter Woche erwartet worden. Am Grenzberg Piz Cengalo befanden sich 500'000 bis eine Million Kubikmeter Gestein in akuter Absturzgefahr.

Drei Millionen Kubikmeter Fels waren beim ersten grossen Bergsturz am Mittwoch letzter Woche abgebrochen, als sich der Murgang danach ein erstes Mal bis vor Bondo ins Haupttal Bergell wälzte. Acht Berggänger - vier aus Deutschland und je zwei aus Österreich und der Schweiz - kamen wohl ums Leben.

Die Suche nach ihnen wurde eingestellt. Über das ganze Absturzgebiet, das nicht betreten werden darf, verhängten die Behörden ein Flugverbot, das auch für Drohnen gilt. (sda)

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